Street Photography 35mm Brennweite: 35mm Brennweite und Street Photography im Zusammenhang zu thematisieren, mag auf den ersten Blick nicht sehr spannend erscheinen. Wer sich für Street Photography interessiert, und entsprechende Publikationen einsieht, stolpert zwangsläufig über Abhandlungen zur Brennweite 35mm. Das hat seine Berechtigung, der wir hier und heute noch mal explizit auf den Grund gehen. Denn auch für mich ist diese Brennweite (am APS-C Sensor) nach wie vor höchst interessant. Aber es soll nicht um Hersteller und Marken gehen. Die Brennweite an sich steht im Fokus. Insofern erwartet Sie in diesem Beitrag kein Test oder eine Markenempfehlung. Was Sie vorfinden, ist meine persönliche Geschichte mit 35mm, meine Meinung, Einschätzung und Empfehlung dazu. Außerdem erlaube ich mir, 35mm Street-Fotos vorzustellen, die bei mir daheim in Siegen, und während meiner frisch zurückliegenden Schweizreise mit ebendiesem Objektiv entstanden sind.
35mm Brennweite entspricht dem menschlichen Blickwinkel
Ob 35mm Brennweite, oder 33mm Brennweite, ausgehend vom APS-C Sensor, es liegt im Kleinbild/Vollformat etwas über 50mm, und das wird in etwa dem zugesprochen, was unserem menschlichen Blickwinkel nahekommt. Darin mag sicherlich einer der Gründe liegen, warum uns Objektive um diese Brennweite herum zusagen, und wir oft danach greifen. Sehen wir hindurch, erscheint ein Bildausschnitt, den wir auch ohne Kamera ähnlich wahrnehmen. Das Umstellen auf überdurchschnittliche weite, oder extrem vergrößerte und komprimierte Motive entfällt.
Beispiel: Die 35mm Brennweite an einer APS-C-Kamera vom Autoren, wäre eine 50mm Brennweite im Kleinbild / Vollformat. Wir reden bei 35mm von einer kleinbildäquivalenten Brennweite von etwa 50mm.
Street Photography und seine Brennweiten
Street Photography mit 35mm Brennweite ist eine Option von vielen. In diesem Genre ist an Brennweiten meiner Einschätzung nach etliches denkbar und einsetzbar. Um 20mm herum geht’s los, und hört bei vielleicht 135mm auf. Darüber oder darunter ist es dann schon sehr speziell. Die starken Weitwinkel betonen eher die Gesamtsituationen, gehen ins Architektonische, neigen zu schiefen Ebenen, erhalten manchmal Verzeichnungen, und setzen Sie deutlich mehr unter Druck, sehr nah an Personen heranzugehen, wenn Sie diese priorisiert abbilden möchten. Mit Tele-Objektiven fallen Sie schon rein optisch öfter auf. Mit großen Linsen aus der Ferne zu arbeiten, birgt 2 Gefahren. Zum einen sieht es leider nach Stalker aus, zum anderen sind Sie zwangsläufig weit weg vom eigentlichen Geschehen. Es gibt sicherlich auch technisch einen Street-Komfortbereich. Der wird auf die Brennweiten bezogen irgendwo zwischen 20mm und 80mm liegen. Meine beiden einzigen Objektive, die ich aktuell zur Street Photography einsetze, haben 35mm und 56mm Brennweite (85mm kleinbildäquivalent).
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Gute Fotografie im handwerklichen Sinne geht einher mit Festbrennweiten.
Street Photography 35mm Festbrennweite
Wahrscheinlich beginnt nahezu jeder, der in die Fotografie einsteigt, mit der Nutzung von Zoom-Objektiven. Irgendwie wird ihnen eine Vielseitigkeit angedichtet, die seltsamerweise höher gewertet wird als die Nachteile. Oder anders gesagt, tauchen die Vorteile einer Festbrennweite meistens als Einschränkungen gegenüber Zoom-Objektiven auf. Gerade kleinere Festbrennweiten, und vorneweg das 35mm Objektiv, haben allerdings u.a. in der Street Photography dutzende Vorteile.
Da wäre einmal die Bildqualität. Festbrennweiten bilden einfach schärfer und klarer ab. Außerdem sind sie lichtstärker. Für Streetfotografen*innen, die bei wenig Licht aus der Hand fotografieren, ist das ein wichtiger Aspekt! Der Kreativität setzt eine Festbrennweite keine Grenzen. Sie arbeiten bewusster, und ihre notwendige Beweglichkeit fördert interessantere Perspektiven. Letztlich sind die kleineren Festbrennweiten, allen voran das 35mm Objektiv, kompakt, leicht, und unauffällig. Ob Sie nun ein 23er, ein 27er, ein 30er, 33er oder eben ein 35mm Objektiv nutzen, macht keinen weltbewegenden Unterschied. Aber es macht einen. Nehmen Sie gerne Gelegenheiten wahr, dicht beieinander liegende Brennweiten zu nutzen und zu vergleichen. Es wird sich herauskristallisieren, welche Brennweite ihrem inneren Auge entspricht. Im Bereich 23-35mm ist die Variabilität relativ groß.

Die Entscheidung, ob eine spannende Architektur mit Menschen davor ins Bild soll, oder ob Sie näher herangehen, und die Personen rücken in den Vordergrund, gelingt in der Street Photography mit 35mm Brennweite sowohl als auch. Die Konzentration für die Streetfotografie bleibt eher erhalten, wenn Dinge wie ein Objektivwechsel erst gar nicht nötig werden. Meine Erfahrung ist die, dass es 30mm / 33mm / 35mm möglich machen, optimal nahe an Menschen heranzutreten, aber eben nicht zu nah. Selbst bei minimalen Abständen bleibt eine gute Dreidimensionalität erhalten, und es finden sich keine Verzerrungen, wie z.B. beim Weitwinkel.
Manuelles Fotografieren mit 35mm
Viele Street-Fotografen*innen arbeiten gerne unter Nutzung manueller Fokussierung. Soll heißen, mittels vorgewählter Blende und manuell eingestellter Hyperfokaldistanz wird der Bereich in Schärfe genommen, in dem sich die zu erwartenden Motive befinden. Sie brauchen also nur die Kamera auszurichten, und können, ohne auf irgendwas zu warten, superschnell auslösen.
Um wirklich schnell zu sein, schneller als mit einem Auto-Fokus, benötigen Sie in bestimmten Situationen diese manuelle Variante. 35mm (auch 27, 30+ 33mm) bieten diesbezüglich hervorragende Möglichkeiten. Selbst bei 23mm (35mm kleinbildäquivalent) ist das manuelle Fokussieren auf diese Art gut machbar, allerdings verlängern sich die Abstände zum Motiv damit oft schon wieder so weit, dass es mir und meiner Fotografie nicht mehr entspricht.
Street Photography mit 35mm + teiloffener / offener Blende
Obwohl in der Street Photography eine größere Schärfentiefe angestrebt wird, und Freistellung eher unterrepräsentiert ist, mag ich gerade auch unscharfe Hintergründe und Vordergründe. Es gibt immer wieder Situationen, in denen ich dem Hintergrund ein bewusstes Bokeh spendiere. Das große Problem dabei ist die Tageszeit und das Licht. Ein gleißend heller Sommertag mit Blende F1.4 scheidet nahezu vollständig aus. Meine Variante dazu bildet ein verstellbarer ND-Filter, der 3-7 Stops überbrückt. Möglich ist auch die Verwendung eines POL-Filters. Für mich ist die Abschattung von 1-2 Ev eines Polfilters allerdings oftmals zu gering.
Street Photography ist gerade bei Dunkelheit und nachts spannend! Ein lichtstarkes Objektiv spielt auf der Straße alle Vorteile aus. Ich habe über lange Zeit beide Brennweiten von 35mm + 56mm (50mm und 85mm kleinbildäquivalent) ausprobiert. Beide sind in diesen Situationen und Lichtverhältnissen genial. Wenn ich allerdings nur eins von beiden haben dürfte, wäre das 35er meine erste Wahl.
Fazit Street Photography mit 35mm
Street Photography mit 35mm Brennweite ist genial! Wir treten niemandem auf der Straße zu nahe, sind dennoch mehr im Geschehen als vor der Handlung. Das, worum es geht, nämlich das urbane Leben mit seinen spannenden Mikro-Momenten, wird nicht nur fernab sichtbar, sondern auch teilweise erlebbar. Als Teilhabe an dem, was ich in der Street Photography zu erhaschen versucht, ist mir das wichtig. Der dezente Zugang in solchen Situationen ist einer der ganz großen Vorzüge von 35mm Objektiven (50mm Vollformat / Kleinbild). Mit der unaufdringlichen Größe und brillanter Abbildungsleistung punktet diese Brennweite ohnehin. Manche Hersteller, wie auch FUJIFILM, haben sogar 2 Varianten in 35mm im Angebot (die besten Fujifilm-Objektive). Es lohnt also, einmal zu vergleichen, was sich technisch und preislich darin gegenübersteht. Manchmal macht es tatsächlich Sinn, die etwas günstigere, kleinere, leichtere, und höchstes 1-2 Blendenstufen schlechtere Linse zu erwerben, denn die Abbildungsleistungen sind allemal gut bis sehr gut.
Obwohl ich natürlich regelmäßig der Streetfotografie nachgehe, lässt sich der 35mm-Allrounder nahezu überall einsetzen, immer vorausgesetzt, man hat sich für Festbrennweite entschieden. Ob für Portraits, Landschaften, Reisen, Städte …, 35mm geht eigentlich immer. Und ich mag auch den Look. Die Fotos haben echten Charme, Perspektiven und Ebenen sehen natürlich aus.
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Vielleicht fotografieren Sie ja im Rahmen ihrer Street Photography deutlich über, oder deutlich unter 35mm. Es würde mich freuen, wenn dieser Artikel Ihre Lust weckt, ein 35mm Objektiv auszuprobieren. Und wenn Sie mögen, schreiben Sie gerne anschließend, wie ihre eigenen Erfahrungen dazu ausgefallen sind, es würde mich und uns alle freuen!
Herzliche Grüße von der Straße, Ihr
Dirk Trampedach
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© Dirk Trampedach, Journalist für Fotografie bei *fotowissen – Street Photography 35mm Brennweite
Dies ist eine Serie von Beiträgen - Street Photography - Lesen Sie die ganze Serie:
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- Faszination Street Photography Projekt Teil 2
- Straßenfotografie Frankfurt - Street-Photography Projekt
- Die Wahrheit Street Photography Projekt Teil 3
- Die Planung des Ungestellten - Street Photography Projekt Teil 4
- Interaktion in der Street-Photography – Street Photography Projekt 2022 Teil 5
- Best-Of Tipps Straßenfotografie – Street Photography Projekt Teil 6
- Einstellungen Street Photography Projekt Teil 7
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- Bildband Street Photography Projekt 2022 Bonus-Teil 8.1
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