Der nachfolgende Blog-Artikel erläutert genau, was ND-Filter / Graufilter in der Fotografie sind. Ich erläutere welche ND-Filter es gibt und warum wir Fotografen in bestimmten Situationen Graufilter benötigen. Anschließend kläre ich in einem „Praxis-Teil“ die Verwendung in einzelnen Graufilter. Grundlagen ND-Filter Teil 1/4:
Graufilter für die Fotografie erklärt
Worauf es bei Graufiltern ankommt
Welche Graufilter Sie kaufen sollten
Inhaltsverzeichnis
Generelles zum ND-Filter / Graufilter in der Fotografie
Graufilter werden auch als ND-Filter bezeichnet (ND steht dabei für Neutraldichte, oder auch englisch: neutral density). Es handelt sich also zunächst einmal um einen grau eingefärbten „Farbfilter“. Im Gegensatz zu allen anderen Farbfiltern hat der der Graufilter die Eigenschaft, die in das Objektiv einfallende Lichtmenge zu reduzieren, ohne (im Idealfall) die Farbigkeit des Motivs zu verändern. Ein Beispiel: Ein Rot-Filter lässt 90-95% des roten Lichtanteils durch und blockiert alle übrigen Farben (Wellenlängen). Ein Graufilter hingegen reduziert nur die Lichtmenge ohne einzelne Farben stärker auszufiltern als andere. Mehr dazu später noch unter „Farbneutralität“. Damit ist auch bereits das wichtigste Merkmal eines Graufilters genannt: Die Stärke des Graufilters, genauer die Stärke der Lichtreduktion. Man unterscheidet zwei Typen:
- Graufilter die über die gesamte Fläche gleichmäßig stark grau gefärbt sind
- Verlaufsfilter deren Färbung zu einer Seite abnimmt. Hier gibt es erneut zwei Typen:
- Grauverlaufsfilter deren Übergang von grau zu klar vergleichsweise hart (deutlich sichtbar) ist.
- Grauverlaufsfilter deren Übergang von grau zu klar sehr weich ( und kaum sichtbar) ist.
Bauformen
Neben den (klassischen) runden Filtern die in ein Filtergewinde vor die Frontlinse geschraubt werden, gibt es z.B. von Cokin oder Lee rechteckige Filterscheiben, die in einen Filterhalter vor das Objektiv eingeschoben werden. Während die Schiebefilter bei den über die gesamte Fläche gleichmäßig gefärbten Graufiltern aus meiner Sicht keinen Vorteil bieten, haben Sie bei den Grauverlaufsfiltern ein großer Vorteil. Warum? Die Grauverlaufsfilter von Cokin und Lee sind nicht viereckig, sondern haben ein Seitenverhältnis von 2:3, also z.B. 10 cm breit und 15 cm lang. Um das Objektiv mit dem Graufilter abzudecken, würde (auch bei lichtstarken Objektiven mit großem Durchmesser) ein 10 x 10 cm großer Graufilter genügen. Die zusätzlichen 5 cm in der Länge
des Filters kann man nutzen um diesen beliebig nach oben oder unten zu schieben und damit die Stelle, an der der Grauverlauf im Bild liegen wird, selbst festlegen. Bei runden Schraubfiltern liegt dieser Übergang immer in der Mitte des Filters und damit auch des späteren Bildes. Passt der Übergang in der Mitte des Bildes nicht zu der aufgenommenen Szene, muss man die Kamera so kippen, dass es für den Bildeindruck in Ordnung ist, dass der Grauverlauf in der Bildmitte liegt. Damit beschränkt man sich in den Gestaltungsmöglichkeiten des Bildes
Hier drei Beispiele. Die rot schraffierte Fläche ist die, die mit einem runden Grauverlaufsfilter abgedunkelt würde. Nur bei dem rechten Bild passt die Lage des Grauverlaufs zum Motiv.
Runde Grauverlaufsfilter bieten den Vorteil eines kleinen Packmaßes. Sie werden immer in einer Ecke der Fototasche Platz finden. Diejenigen die sich die Gestaltungsmöglichkeiten einer Szene nicht beschränken lassen möchten, sollten aber zu den Schiebefiltern greifen. Es sollte aber klar sein, dass die Filterplatten und der Filteradapter ein etwas sperrigeres Maß haben als die Rundfilter. Das Fotogepäck wird etwas größer werden.
Größen
Einschraubfilter
Einschraubfilter gibt es prinzipiell mit folgenden Durchmessern ( in mm ):
Nicht jeder Filter wird von jedem Hersteller in allen Durchmessern angeboten. Hier muss man also u.U. prüfen, ob der Filter den man gern nutzen (kaufen) möchte auch im passenden Durchmesser verfügbar ist. Generell ist es eine gute Idee zunächst einmal die Filtergewindedurchmesser aller Objektive die man besitzt zu klären. Ich habe z.B. Objektive mit 82mm Filtergewinde und andere mit 77mm Filtergewinde. Extrem ärgerlich ( teuer! ) ist es dann, Filter für jeden Objektivdurchmesser einzeln zu kaufen.
Stattdessen können Sie den gewünschten Filter in der Größe des größten benötigten Filtergewindes und dazu sogenannte „Step-Up Ringe“ kaufen. Die Step-Up Ringe ermöglicht die Verwendung eines größeren Einschraubfilters an Objektiven mit kleinerem Filtergewindedurchmesser.
Mein 82 mm Filter passt damit auch an das Objektiv mit 77 mm Filtergewinde. Die Step-Up Ringe kosten nur einen Bruchteil der Filter und ermöglichen so die Verwendung eines einzigen Filters an allen Objektiven. Etwas aufpassen muss man hier bei Weitwinkelobjektiven um die 20 mm Brennweite. Der Step-Up Ring bewirkt, dass der Filter einige wenige Millimeter weiter vorne vor dem Objektiv sitzt.
Bei extremen Weitwinkelobjektiven sollten Sie (z.B. vor dem Kauf in einem Fotogeschäft) einmalig testen, ob es ggf. zu schwachen Randabschattungen kommt.
Bitte beim Kauf Acht geben, es gibt auch „Step-Down“ Ringe. Bei diesen sind die Filtergewindegrößen genau umgekehrt. Man kann damit also Zubehörteile mit kleinerem Durchmesser an Objektive mit größerem Filtergewinde anbringen. Im Falle der Graufilter macht dies aber keinen Sinn, da so ein Teil des Objektivdurchmessers vom Adapterring verdeckt wäre.
Einsteckfilter
Einsteckfilter kenne ich von Cokin und Lee. Diese gibt es in den nachfolgend dargestellten Größen. Zu beachten: Bei Verwendung dieser Filter passen die üblichen Gegenlichtblenden der Objektive nicht mehr. Statt dessen gibt es von Cokin und Lee eigene, rechteckige (sehr große !) Gegenlichtblenden zu kaufen. Ob man diese benötigt, mag jeder selbst entscheiden.
Cokin Filter sind aus dem gleichen Kunststoff gefertigt, der auch für Brillengläser verwendet wird. Lee Filter sind aus Glas.
Farbneutralität
Es wird im WEB immer mal wieder diskutiert welcher Filter von welchem Hersteller einen mehr oder weniger starken Farbstich hat. Farbstiche können prinzipiell dann auftreten, wenn das Grau des Filters nicht 100%ig neutral ist, wodurch einzelne Wellenlängen im Farbspektrum stärker ausgefiltert werden als andere. Hier spielt auch das Thema Vergütung von Filtern herein, über das man sicher einen komplett eigenen Artikel schreiben könnte. Ich möchte mich an dieser Diskussion nicht beteiligen, da ich nicht genügend Filter verschiedener Hersteller besitze um eigene Vergleichs-Tests zu machen und das ehrlich gesagt auch nicht so spannend finde. Fotografieren macht viel mehr Spaß als messen… Trotzdem interessant ist ein physikalischer Effekt, der insbesondere bei sehr starken Graufiltern (z.B. ND 3,0 und stärker) auftritt. Diese sind fast nie ganz farbneutral. Grund ist, dass Graufilter nur das sichtbare Licht reduzieren. Der infrarote Anteil im Licht wird nicht verringert. Digitalkameras haben fast immer einen Infrarot-Sperrfilter vor dem Sensor verbaut. Dieser filtert den üblicher Weise zu erwartenden Infrarotanteil aus dem Licht aus. Durch die lange Belichtungszeit gelangt während dieser Zeitspanne nur wenig sichtbares Licht auf den Sensor, da dieses vom Graufilter reduziert wird, aber sehr viel infrarotes Licht, da dieses vom Graufilter nicht beeinflusst wird. Durch diesen (über die lange Belichtungszeit verstärkten infraroten Lichtanteil) können dann Farbverfälschungen auftreten. Eine mögliche Abhilfe ist die zusätzlich Verwendung eines „Infrarot Sperrfilters“ vor dem Objektiv. Ein zusätzlicher Filter ist aber auch eine weitere Fläche an der sich das Licht bricht, was die Bildqualität ebenfalls verändert. Auch könnten sich hier ebenfalls Randabschattungen zeigen. Nicht zu vergessen ist auch, dass der UV-Sperrfilter zusätzlich gekauft werden will. Es wird teurer.
Lösung: Aus meiner Sicht gibt es eine simple Alternative. Fotografieren Sie nicht im JPEG, sondern im RAW Format. Damit können Sie einen möglichen Farbstich im Bild bei der späteren RAW-Konvertierung am PC leicht und schnell korrigieren.
Stärken der Graufilter
Die wichtigste Angabe eines Graufilters ist seine Stärke. Die üblicher Weise verwendeten Filter-Stärken finden Sie in der nächsten ND-Filter- / Graufilter-Tabelle:
In die Tabelle hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen.
Der Filter ND 4,0 hat eine Lichtreduktion von 13 Blendenstufen – nicht 11. Ich korrigiere die Angabe in der Grafik in Kürze.
Unglücklicher Weise bezeichnen die verschiedenen Hersteller Ihre Filter nach unterschiedlichen Skalen.
Spalte 2: Kennzeichnung Graufilter nach Dichte: ND 0,3-ND 3,0
Die ND-Angabe (mit Dezimalkomma geschrieben) bezieht sich auf die Dichte des Filters. Je größer die Zahl, desto dichter (dunkler) der Filter.
Spalte 3: Kennzeichnung nach Filterfaktor: ND 2 – ND 1000
Diese Angaben beziehen sich auf die Menge Licht, die ein Filter hindurch lässt. ND 2 bedeutet, dass die Hälfte des Lichts (gegenüber einem Foto ohne Graufilter) durch den Filter gelassen wird. Ein ND 1000 lässt ein Tausendstel des Lichtes durch (was wiederum der Bezeichnung ND 3,0 entspricht). Unschön ist, dass sowohl die Dichte, als auch die Filterfaktoren mit einem „ND“ gekennzeichnet werden. Unterscheiden kann man beide daran, dass der Filterfaktor kein Dezimalzeichen in der Angabe hat.
Spalte 4: Kennzeichnung nach Blendenstufenreduktion: 101 – 110
B+W Kennzeichnet seine Filter anhand der Anzahl Blendenstufenreduktion, die der Filter bewirkt. Der Filter 101 blendet 1 Blende ab, der Filter 110 blendet 10 Blendenstufen ab, was erneut dem ND 3,0 entspricht.
Vario Graufilter (Fader)
Zuletzt sei auch noch erwähnt, dass es auch „Vario Graufilter“ gibt. Sie werden auch als „Fader“ bezeichnet. Bei Ihnen handelt es sich um Graufilter, deren Stärke stufenlos (in einem bestimmten Bereich) durch Drehen am Filter verändert werden kann. Diese Filter bestehen nicht aus grau gefärbten Flächen, sondern aus zwei drehbar voreinander gelagerten Polfiltern.
Je nach Drehung nimmt die Polarisationswirkung – und damit die Lichtreduktion – zu oder ab. Ich möchte hier nicht noch technischer werden, weshalb ich auf die Vor- und Nachteile dieser Art Filter nicht im Detail eingehe.
Generell sei erwähnt, dass die Wirkung abhängig von der eingesetzten Objektivbrennweite ist (je weitwinkeliger, desto problematischer) und es je nach Einstellung des Filters zu Randabschattungen sowie einer nicht gleichmäßigen Helligkeitsverteilung im Bild kommen kann. Umgekehrt kann dieser Filter (bei passenden Bedingungen!) den Kauf gleich mehrere Graufilter unnötig machen, was Budget spart.
Hersteller von Grau-Filtern und Grau-Verlaufsfiltern
Ob die nachfolgende Liste vollständig ist, weiß ich nicht (vermutlich nicht). Um den Einstieg in das Thema einfacher zu machen, anbei trotzdem eine Liste der mir bekannten Filterhersteller ( in alphabetischer Reihenfolge ) und deren Web-Seiten (Stand Mitte 2014).
Warum drei verschiedene Stärken? Ich wollte im Laufe meiner fotografischen Jahre immer wieder mal in der hellsten Sonne lange Zeit belichten. Dann benötigt man je nach Blendenzahl den 10 EV oder 6 EV Filter. Für Aufnahmen im Wald sind oft der 3 EV oder 6EV Filter perfekt.
Warum 77mm Filterdurchmesser? Einige wenige Objektive im APS-C Format (Fujifilm) und Vollformat (Canon) haben einen größten Filterdurchmesser von 77 mm. Mein Tipp: Suchen Sie sich den größten Durchmesser ihres Objektivssortiments heraus und denken dabei noch an die Zukunft. Es kann durchaus sein, dass sie mal ein Objektiv mit 77 mm Durchmesser nutzen. Dann ist es wertvoll, dass sie alle Filter mit 77 mm Durchmesser erwerben plus den Step-Up-Ringen. Spielen Sie mit der Idee, sich eine Mittelformatkamera zu kaufen, dann sollten Sie gleich über Filter mit einem Durchmesser von 82 mm nachdenken.
Mit Hilfe der Ringe schrauben Sie diese Filter an alle Objektive, können aber die Streiflichtblende nicht mehr nutzen. Für einen Polfilter ist die gleichzeitige Verwendung der Steiflichtblende meist sowieso nicht möglich, da Sie den Filter meist immer wieder neu einstellen.
Für alle, die gerne ein komplettes Set haben möchten:
Dies ist eine Serie von Beiträgen - Alles rund um Graufilter - Lesen Sie die ganze Serie:
Copyright Ulrich Schifferings – ND-Filter / Graufilter in der Fotografie – Teil 1/4 – Generelles
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