Die Nikon oder Canon Tilt-Shift Objektive (TS-E Objektive) können ein guter Grund sein, auch heute noch Nikon oder Canon Kameras zu kaufen. Die Tilt-Shift-Objektive vermeiden stürzende Linien. Was sind stürzende Linien und was macht diese Tilt-Shift-Objektive so interessant?
Übersicht aktueller Canon Tilt-Shift Objektive (TS-E) – 17mm, 24mm, 50mm, 90mm, 135mm.Dieser Artikel wurde zuerst im Juni 2019 publiziert und zuletzt im Januar 2021 für Sie aktualisiert.
Stürzende Linien erklärt
Als stürzende Linien werden in der Fotografie Geraden bezeichnet, die oben oder unten zusammenlaufen, also nicht parallel sind. Die stürzenden Linien entstehen durch das Kippen der Kamera nach oben oder unten. Stürzende Linien entstehen nicht, wenn Sie den Sensor der Kamera senkrecht zum Erdmittelpunkt stellen und das Gebäude ebenfalls senkrecht zum Erfmittelpunkt gebaut wurde. Fotografen können die Kamera mit einer 3D-Wasserwaage oder einer Libelle auf dem Blitzschuh ausrichten. Mit verschiedenen Möglichkeiten, wie einem Tilt-Shift Objektiv (Verschieben des Objektivs an der Kamera nach oben), kann ein Hochhaus ohne Kippen der Kamera nach oben aufgenommen werden.
Wenn ich die Kamera nach oben kippe / richte, um das Gebäude ganz aufzunehmen, dann erhalte ich stürzende Linien (oben zulaufend). Das gleiche passiert auch, wenn ich eine Kamera nach unten richte, dann jedoch laufen die Linien nach unten hin zusammen. Die rechte Aufnahme zeigt gerade Linien (parallel), wie Architekturfotografen es zum Beispiel mit einem Tilt-Shift Objektiv erreichen.
Canon Tilt-Shift Objektive (TS-E)
Canon baut fünf sogenannte Tilt-Shift Objektive TS-E mit Brennweiten von 17 mm, 24 mm, 50 mm, 90 mm und 135 mm. Diese Objektive werden bevorzugt von Profifotografen genutzt, welche in der Architekturfotografie, Produktfotografie, Landschaftsfotografie oder im künstlerischen Bereich tätig sind. Die interessantesten Funktion dieser Objektive sind das
- Tilten / Neigen um die Schärfeebene zu ändern.
- Shiften (dt. Verschieben) / Schwenken des Objektivs nach oben oder unten, um stürzenden Linien zu vermeiden (Verschieben des Objektivs nach oben und unten).
Ein Shiften / Verschieben nach oben oder unten, links oder rechts, kann auch genutzt werden, um besonders hochwertige Panoramafotos zu erstellen (Links zu Calumet):
- Canon TS-E 17mm f/4L
- TS-E 24mm f/3.5L II
- TS-E 50mm f/2.8L MACRO
- TS-E 90mm f/2.8L MACRO
- TS-E 135mm f/4L MACRO
Video TS-E Objektiv
Stürzende Linien – Gerade Linien in der Architektur
Mit dem Shiften eines Objektivs werden stützende Linien vermieden, welche unweigerlich entstehen, wenn man die Kamera nach oben oder unten schwenkt. Es gibt vier Methoden, um Gebäude mit parallelen senkrechten Kanten zu erhalten:
- Kippen der Kamera meist nach oben. Spätere Bildbearbeitung von stürzenden Linien zu gerade Linien in einer Bildbearbeitungssoftware wie zum Beispiel Lightroom oder Capture One Pro.
- Fotografieren senkrecht zur Erdachse mit einem gebührendem Abstand bei nachträglichem Beschneiden des Fotos um die große Bodenfläche, welche mit aufgenommen wurde
- Fotografieren senkrecht zur Erdachse aus einem nahegelegenen Gebäude und der mittleren Höhe des zu fotografierenden Gebäudes
- Fotografieren senkrecht zur Erdachse mit einem Shift Objektiv
Shiften erklärt
Zu 1: Kippen und Bildbearbeitung
Der Nachteil des schrägen Fotografierens mit einer nachträglichen digitalen Bearbeitung in einer Bildbearbeitungssoftware wie Lightroom liegt darin, dass das Bild an mindestens einer Kante auseinander gezogen wird. Hierbei leidet die Bildqualität. Beim nachträglichen Betrachten von starken Begradigungen durch eine Bildbearbeitungssoftware stellt sich heraus, dass die Bildqualität nicht besser wird. Was bei einer Bildgröße im Internet noch nicht auffällt, macht sich später in Vergrößerungen und Postern deutlich bemerkbar. Auch für Exposees in der Gebäudefotografie (Immobilien Makler) ist eine solche schlechtere Bildqualität unbedingt zu vermeiden.
Zu 2: Abstand
Hohe Gebäude lassen sich mit gebührendem Abstand vom Boden aus Fotografieren. Um dabei stürzende Linien zu vermeiden, wird die Kamera auf einem Stativ montiert, gerade ausgerichtet (der Sensor muss im rechten Winkel auf der Erdachse stehen – 3D-Wasserwaage der Kamera oder Libelle für den Blitzschuh) und ein Großteil des aufgenommenen Bodens in der Bildbearbeitung abgeschnitten.
Zu 3 Gebäude aus mittlerer Höhe
Man finde ein hohes Gebäude, welches mindestens die mittlere Höhe des zu fotografierenden Gebäudes hat. Dann fotografiere man von dort aus auch mit senkrechtem Sensor zur Erdachse. Damit spart man sich den Beschnitt des Bodens wie in 2).
Zu 4: Shift Objektiv
Das Fotografieren mit einem Shift Objektiv ist längst nicht so schwierig, wie man es vermuten würde. Die Verschiebung des Objektivs wurde schon mit alten und analogen Fachkameras besonders gut möglich. In der Kleinbildfotografie sind Shift Objektive eine besonders preiswerte und transportable Methode um stürzende Linien zu vermeiden. Beim Stiften wird das Objektiv parallel zum Motiv verschoben. Die Bildergebnisse sind in Sachen Kleinbild-Qualität ungeschlagen.
Tilt-Shift Objektiv Testbericht
Ob man nun im Internet recherchiert oder Testberichte in Magazinen liest: die Ergebnisse solcher Testberichte sind schwierig zu interpretieren. Ich persönlich leihe Hardware aus, um mir dann ein eigenes Bild zu machen über die Verzeichnung des Objektivs in den Ecken und die Anfälligkeit für Gegenlicht und chromatische Aberration.
In der einer der letzten Ausgabe zum Thema Fotografie des Heise Verlags werden 24 mm Objektive verglichen. Dabei taucht auch ein hochpreisiges Zeiss Objektiv mit über Euro 2.500 auf. Leider wurde beim Vergleichstest vergessen, dass Canon Tilt-Shift Objektiv mit 24 mm zu testen. Das TSE 24mm f/3.5L II ist eine der besten Linsen, welche im 24 mm Bereich zu erwerben ist. Die Linse liegt preislich noch unter dem Zeiss Objektiv und wäre eine wirkliche Alternative gewesen für den Test. Man kann diese Linse als Tester in Sachen Fotografie sehr leicht vergessen, denn es ist ein Spezialobjektiv. Außerdem ist der technische Test nur sehr aufwändig möglich, da viele Einstellungen verglichen werden müssen.
Objektivwahl
Ich selbst suchte nach einer Linse für die Canon EOS 5DsR im Bereich von 20-24 mm. Zoomobjektive kamen bei meiner Auswahl nicht infrage, denn ich suchte die beste mögliche Bildqualität. Für mich kamen die Festbrennweiten von Canon (EF 20mm f/2.8 USM / EF 24mm f/1.4L II USM / EF 24mm f/2.8 IS USM) allerdings qualitativ nicht in Frage. Das 20 mm Sigma schied aus, denn ich kaufe keine Sigma Objektive. Die Lösung war das:
Objektiv Testbericht Canon TS-E 24mm f/3.5L II
Tatsächlich ist das herstellereigene TS-E 24mm f/3.5L II eine der besten Linsen, die ich in Händen hielt. Gut, dass ich es leihen konnte, um mich von der Qualität zu überzeugen. Diese Linsen haben einen extrem großen Bildkreis, um sie shiften (verschieben) zu können. Damit passen sie an jede Canon Spiegelreflexkamera. Man kann diese Objektive allerdings auch zum Beispiel mit einem Adapter an den Sony Alpha Kameras oder einer Fujifilm GFX 50S / GFX 50R / GFX 100 betreiben (Artikel Tilt-Shift mit GFX).
Ich möchte Ihnen den Tipp geben, dass die TS-E Objektive, insbesondere die Funktion des Tiltens in einem elektronischen Sucher mit Lupe wesentlich einfacher fällt!
Eine Vignettierung (Randabschattung) ergibt sich beim TSE 24mm erst bei extremem Stiften bis zum Anschlag. Das Tilten macht großen Spaß, ist jedoch nicht einfach. Wie oben schon angemerkt, ist es kaum möglich mit einem Spiegelreflex-Sucher den Fokus richtig zu setzen. Das gelingt erst mit dem Blick auf das hintere Display der Canon Kamera und dem gleichzeitigen Hereinzoomen (Live-View). Und das wiederum gelingt nur an einem Tag und aus einer Position auf der nicht sehr helle Sonne auf das Display fällt (Tipp Displaylupe).
Fujifilm GFX mit Canon TS-E 24mm F/3.5, Blendensteuerung über die Kamera möglich (Tilt-Shift mit GFX Kameras).
Beim Fotografieren mit dem Tilt Effekt, den viele als Miniatureffekt kennen, wird das Auge entweder mit komplett scharfer Ebene nach hinten verwöhnt, oder komplett verwirrt durch partielle Unschärfen, die so beim natürlichen Sehen nicht vorkommen.
Architekturfoto mit Tilt Effekt.
Tipp Handhabung: Das Shiften ist, mit eingeblendeter Wasserwaage im Sucher der Kamera, tatsächlich aus der Hand möglich.
Tipp Filter: Das Canon TS-E 17mm f/4L kann nicht ohne weiteres Filter aufnehmen, da die Frontlinse sehr gebogen ist. Ich bevorzuge auch aus diesem Grund das TS-E 24mm.
Klare Kaufempfehlung für alle Tilt-Shift Objektive / TS-E von Canon!
Beispielfotos mit dem TS-E 24mm II
TS-E 24mm f/3.5L II bei Calumet >>
Großer Bericht zum TS-E 90mm f/2.8 Mark I >>
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Das Canon TS-E 24 mm II ist auch meine absolute Lieblingsliste. Zum fokussieren nutze ich immer Live-View. Für das Problem von Gegen- oder Sonnenlicht habe ich die sogenannte Bildschirmlupe bzw. Viewfinder von Kinotehnik LCDVF. Ein super praktisches Teil, gibt es in unterschiedlichen Ausführungen auch von anderen Herstellern.
Ich besitze das TS-E 4.0/17mm L und TS-E 24mm II und setze ebenfalls am liebsten das 24mm ein, weil ich dort einen (82mm) Schutzfilter (und andere Filter, Folienfilter) einsetzen kann.
So lange man “nur” shiftet, ist die Scharfstellung kein Problem:
– Objektiv auf NULL shiften
– Mit Live View scharf stellen
– Dann mit shiften den Ausschnitt wählen
Sobald man “Tilt” verwendet, wird das Scharfstellen deutlich aufwendiger.
Hier arbeite ich mit Live-View und Vergrösserung x10 – ist aber immer noch eine Gedulds-Sache, bis die schräge Fokus-Ebene richtig liegt.
Zum Glück komme ich meistens mit Shiften aus, um stürzende Linien zu vermeiden – meistens bei Archiktektur,
aber auch bei Landschaftsaufnahmen.
Stativ und (eingebaute) Wasserwaage sind Pflicht!.
Danke für den informativen Kommentar. Klasse! Ich schreibe gerade einen Testbericht zum TS-E 90mm f/2.8 Mark I. Das wird sie sicher auch interessieren?
Herzlich, Ihr Peter R.
Ist das Video an einem Ort auf dem Äquator aufgenommen? Nur dann würde bei der Kamera die Aussage “senkrecht zur Erdachse” stimmen.
Gut aufgepasst und so kontruktiv.
Hallo Peter,
um schon beim Fotografieren vor Ort die vertikalen Gebäudekanten mit einem Tilt-Shift Ojektiv ins Lost zu bringen, fehlt mir leider bei dem Vendigmotiv mit dem Turm im Nebel das Ergebnis. Warum hast Du dieses Motiv in Netz gesetzt? Oder sehe ich das falsch? VG E.Rahaus
Hallo Eckhard,
ich verstehe Deine Frage leider nicht. Das Bild ist mit dem Shift-Objektiv fotografiert und ganz im Lot. Warum ist das kein gutes Beispiel?
Herzlich,
Ihr Peter R.
..Er kennt den “schiefen Turm von Burano” nicht. Deshalb vermutlich dieser Kommentar.
Grüße
Hallo Peter
Mich würde interessieren, ob das 24 mm Tse keine oder so gut wie Kissen- oder Tonnenförmige Verzeichnung hat.
Meine Gedanke: man kann die Abbildung der Shiftobjektive nicht digital mit einem Filter korrigieren, da man ja immer in einem anderen Bereich des abgebildeten Kreises auswählt.
Weiter interessiert mich, ob es im veränderten Einstellungen auch noch andere Sauereien (ausser der Vignette) macht. Chromas?
Als Praktiker fotografiere ich halt 17 mm und entzerre …
Herzliche Grüsse
Michael
Hallo Michael
Hier kannst du mal nachschauen und deine Fragen werden bestimmt beantwortet.
Ich benutze für eine Architekturfotografie ausschliesslich TSE Objektive. Canon TS-E 17, 24mm
Dann ein Pantax 645A 35mm + 45mm zusammen mit dem Zörkendorfer Shiftadapter.
Da ich auch viel Innenraumaufnahmen Mache ist es mir wichtig, dass ich mein Bild fertig “komponieren” kann u. somit nichts mehr weggeschnitten wird. Meisten arbeite ich zusätzlich mit dem CamRanger und einem Tablet. So kann ich auch die Schärfe viel besser kontrollieren.
Das 24iger (auch das 17er) finde ich persönlich absolute Toplinsen. Vielleicht leiste ich mir das TS-E 50er noch
Grüsse aus der Schweiz. Peter Brütsch