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Waldsterben?

Auf meinen regelmäßigen Fototouren bin ich mit meinen Kameras und Objektiven auch viel in den Wäldern unterwegs, in den letzten Jahren überwiegend im Harz. Und wer einmal die Bundesstraße 4 von Bad Harzburg über Torfhaus nach Braunlage (oder umgekehrt) gefahren ist, der kann die Millionen abgestorbenen Bäume nicht übersehen, sie reichen bis an die Straße heran. Dabei wurde extra der Naturpark Harz, der sich auf die Bereiche Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aufteilt, vor knapp 30 Jahren ins Leben gerufen

Naturparks in Deutschland (Wikipedia) >>

brocken torfhaus brocken 20081216 holzborn 0544kl
Blick vom Brocken nach Nordwesten, über dem Wolkenmeer lugt der Sendemast von Torfhaus hervor. Canon EOS 50 D – 1/1600 s – 5,6 – ISO 100  – 41 mm – 2008
brocken schneefiguren brocken 20081216 holzborn 0630kl
Schneefiguren werden durch die eiskalten Nordwinde regelrecht produziert – Canon EOS 50 D – 1/1000 s – 5,6 – ISO 100 – 50 mm – 2008
brocken zaunimschnee brocken 20081216 holzborn 0659kl
Und so kommt es auch zu dem äußerst bizarren Zaun – über den Wolken — Canon EOS 50 D – 1/500 – 11 – ISO 100 – 50 mm – 2008

Doch die Sache mit dem Naturpark hat einen Haken, und der liegt in der Philosophie der Verwaltungen: Alles bleibt wie es ist, denn der Wald hilft sich selbst. Als Beispiel wird gerne der Bayrische Wald angeführt, dort nämlich hat sich der Wald wieder (fast von sich aus) erholt.

schild in dreiannen 20170806 holzborn 4783kl
Nikon D5300 – 1/500 – 5,6 – ISO 125 – 105 mm – 2017

 

 

wanderung im renne gebiet 20081227 holzborn 9kl
Bereits 2008 wurde oberhalb der Renne ein Teil des Waldes abgeholzt. Zwar blieben Äste und kleinere Bäume liegen, aber bis sich hier wieder neuer Wald bildet, wird es noch ein paar Jahr(zehnt)e dauern. Durch das Abholzen aber wurde dieser Findling sichtbar, es wurde wohl von den Arbeitern (bis etwa zum Beginn des ersten Weltkrieges wurden hier oben Bodenschätze abgebaut) etwas nachgeholfen … Canon PS A640 – 1/60 – 3,2 – 7 mm

Nur, der große Unterschied zwischen dem Bayrischen Wald und dem Harz ist und bleibt die Baumgrenze. Während sie im Bayrischen Wald und Schwarzwald bei etwa 1300-1400 m liegt, ist sie in den Nordalpen bei 1800 m und in der Südschweiz im Matterhorngebiet sogar bei 2000 m (über Normal Null). Und im Harz? Klar, hier hat es noch niemand so richtig ausgerechnet, doch liegt sie je nach Lage (westliche, nördliche, südliche oder östliche Seite der Berge) zwischen 800 und 1000 m. Wer zum Beispiel auf der Uni in Freiburg im Schwarzwald Fortwirtschaft studiert hat, der hat diese 1300 m im Kopf. Und im Schwarzwald wie auch im Bayrischen Wald ist zum Beispiel die Anpflanzung von Kiefern in Höhen von 700 m durchaus möglich und erfolgreich. https://de.wikipedia.org/wiki/Waldgrenze

blick im draengetal 20190329 holzborn 0726kl
So sah der Blick vom Drängetal in Richtung Elverstein im Frühjahr 2019 aus. Die Bäume wurden zum Teil schon vor 10 Jahren gefällt, die anderen stehen Wind und Wetter nun schutzlos gegenüber. Die Baumreste sollen dafür sorgen, dass nicht noch mehr Humusschichten abgetragen werden, denn dahinter geht es steil 150 m in die Tiefe. Weiter oben sehen wir wie der Wald regelrecht austrocknet.  Die grauen und gelblichen Bäume haben schon Trockenschäden bzw. Borkenkäferbefall.  Panasonic G9 – 1/500 – 5,6 – ISO 500 – 20 mm
baumsterben im harz 20080315 holzborn 24dkl
Links versuchen immer wieder Fichten in 1100 m über Normal-Null Wind, Wetter, Kälte, Trockenheit und Höhe zu trotzen, doch die ersten Stämme hat der Wind bereits umgelegt. Rechts blieben mitten im Abholzgebiet diese paar Fichten stehen, deutlich sehen wir die flachen Wurzeln, die nun durch Erosion freigesetzt werden, dazu sind schon erste Abschwemmungen der Humusschicht vorhanden. Auch einige der Stämme sehen nicht mehr ganz gesund aus.
99 7241 vp8933 draengetal 20190622 holzborn 0400kl
Ab und zu gelingt es ja, dass sich neuer Wald bildet. Links hinter dem Zug erkennen wir einen neu erstandenen Birkenwald. Ob Birken allerdings der absolute Wunschbaum der Forstwirtschaftler ist, lasse ich mal außen vor. Rechts aber die Fichten haben schon Trocken- und Borkenkäferschäden, rechts der Abhang wurde nicht wieder aufgeforstet und es ist eine Frage der Zeit, bis der Regen auch die letzten Humusschichten abgetragen hat. Eine Zugfahrt mit der Brockenbahn von Wernigerode aus zeigt dem Reisenden noch gravierendere Aussichten. Olympus E-M1X 1/500 s – 8 – ISO 320 – 31 mm – 2019
ansicht wald braunlage 20180521 holzborn 4648kl
Aber es gibt auch gesunde Wälder, hier ist alles okay, die Bäume (Fichten) haben Platz und können ihr schönes Blätterkleid entfalten, eine gesunde Wiese mit Kräutern und Beeren und Kleingewächsen kann sich bilden und speichert so auch das Wasser, was die Bäume in trockeneren Sommern brauchen.  Nikon D850 – 1/250 s – 8 – ISO 64 – 28 mm – Frühsommer 2018
brocken steine brocken 20070922 holzborn 710kl
Und das ist eigentlich die natürliche Bepflanzung für diese Höhen in 1100 Metern. Es hat sich ein Trockenrasen gebildet, die verschiedenen Flechten und Gräser sorgen dafür, dass sich hier ein eigener Lebensraum entwickeln kann. Eigentlich müsste es überall in Höhen ab 1000 Meter so aussehen. Nikon D80 – 1/250 – 5,6 – ISO 100 – 18 mm – 2007
baeume im draengetal 20190330 holzborn 0771kl
Stehen gebliebene Bäume …  Unterholz gibt/gab es nicht …   14 mm
holz in dreiannen 20190322 holzborn 0406kl
… und so sehen die schlimmsten der geschlagenen Bäume aus, sie waren vorher schon geschädigt, und das Auszählen der Jahresringe bringt zu Tage, dass etliche schon über 100 Jahre alt sind. – Beide Bilder mit der Pansonic G9 – 1/500 s – 6,3 – ISO 200 – 60 mm (darüber 14 mm)

Doch im Harz sieht es völlig anders aus. Der Brocken und die ihm umgebenden Berge werden besonders von den kühlen Nord- und Ostwinden mehr oder weniger ungeschützt getroffen. Und hier liegt eigentlich die maximale Anbauhöhe für Kiefern nur noch bei etwa 300 bis 400 m, also die Hälfte gegenüber den südlicher gelegenen Mittelgebirgen (Torfhaus liegt beispielsweise auf 800 m über NN).

oderteich ansicht harz 20181005 holzborn 03696kl
Letzten Sommer war der Oderteich (bei Torfhaus) fast ausgetrocknet. Im Hintergrund haben fast alle Fichten Schäden davongetragen. Sony RX100 III – 1/800 – 5,6 – ISO 125 – 9 mm – 2018

https://de.wikipedia.org/wiki/Oderteich

Das zeichnet sich auch bei den vorhandenen Fichtenwäldern ab, die insbesondere um 1900 und dann noch einmal um 1950 aufgeforstet wurden. Bedingt durch die großräumige Anpflanzung haben die Bäume sich untereinander Halt, Schutz und Wärme gegeben. Dazu kam, dass die Bäume viel zu eng gesetzt wurden, das Unterholz wird regelrecht abgedunkelt und kann sich nicht entwickeln. Dadurch konnten sich nur die Kronen ausbreiten, die aber schließlich zu klein für die großen Bäume wurden. So starben mit der Zeit die ersten Bäume aus natürlichen Gründen ab, sie waren zu schwach, um sich zum Beispiel gegen den Borkenkäfer zu wehren, und das Schicksal nahm seinen Lauf. Dazu kam die Unsitte, gerade in den letzten 20 Jahren, ganze Abschnitte abzuholzen, ohne sie, besonders in Hanglagen, wieder aufzuforsten („der Wald hilft sich ja von alleine“). Diese fehlende Aufforstung wiederum gab dem Regen die Chance, die sowieso nur dünne Humusschicht schnellstens abzutragen. so dass die Aufforstung durch Vögel oder Samenflug z. g. T. keinen Erfolg haben konnte. Dazu stehen nun auf einmal etliche bislang stehen gebliebene gesunde Bäume den kalten Winden ungeschützt gegenüber, dazu kam die Trockenheit vor allem im Sommer 2018 und somit hatten die Fichten, die ja Flachwurzler sind, kaum eine Chance, sich gegen den erneuten Befall des Borkenkäfers zu wehren und so sie sterben nach und nach ab.

bergsee herbst guenthersberge 20081012 holzborn 8kl
Der Bergsee bei Günthersberge liegt deutlich niedriger (412 m) und ist von herrlichem Mischwald umgeben. Canon 50 D – 1/500 s – 8 – ISO 200 – 18 mm

Zur Historie: Bis etwa 1900 wurden keine Fichten angepflanzt, sondern Laubwälder bestehend zum größten Teil aus Buche bis in Höhen von etwa 800 m, darüber war es baumfrei. Diese Buchen wurden dann zu Holzkohle verarbeitet, die besonders zum Verhütten von Metallen zu jener Zeit verwendet werden musste. Erst als die Eisenbahnen die Gegend erschlossen hatten und Kohletransporte aus dem Revieren Ruhr oder Schlesien preiswerter waren als die eigene Holzkohle wurden nur noch schnell wachsende Fichten angepflanzt.

So hat das heute sichtbare Waldsterben mehrere Ursachen, aber eine Ursache kann ich nicht erkennen, das ist die allgemein kolportierte Klimaveränderung. Diese Schäden wären früher oder später auch aufgetreten, ich habe Fotos aus den 1950er Jahren, da waren die zu hoch angepflanzten Fichten schon geschädigt (ganz ohne CO²). Und früher – so erinnere ich mich – wurde der Borkenkäfer auch großflächig mit Duftfallen bekämpft (heute fehlt Geld und Personal und Wille).

Fotomotiv: Bäume und Landschaft

Jedem sind ja auch die verkrüppelten Bäume auf dem Brocken und Wurmberg ein Begriff und sie werden gerne als Fotomotive hergenommen.

So, und nun sind wir beim Thema: Foto. Ich möchte keine Diskussion über die obigen Absätze eröffnen, das ist hier das falsche Forum, sondern wenn, dann bitte nur und ausschließlich über die Fotos, die in diesem Beitrag eingefügt wurden. Vielen Dank.

berghof in torfhaus 20101203 holzborn 3976kl
Berghof in Torfhaus 2010 – Canon EOS 5 D Mk II – 1/500 – 5,6 – 50 mm – ISO 100

Ich hoffe Euch hat die Bildauswahl trotz des geschädigten Waldes gefallen.

Und weiter schöne Fotos

… denn es gibt ja auch Wälder in Eurer Umgebung, es muss ja nicht unbedingt der Harz sein – die wollen auch fotografiert werden …

wünscht Euch

Klaus

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Geschrieben von:

Klaus D. Holzborn

Klaus D. Holzborn

Freiberuflicher Fotograf seit 1964, fotografiere gerne Landschaft und vor allem Eisenbahnen, aber genauso gerne anderes. Zur Zeit besteht die Hauptaufgabe darin, die "alten" Bilder zu digitalisieren, aber trotz allem nehme ich mir die Zeit für aktuelle Aufnahmen.

1 Kommentar

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  • Hallo Klaus,

    wenn ich ausschließlich auf die Fotos eingehen soll, dann sind die klasse, um die Wälder und Natur zu dokumentieren. Ich fände es aber schade, nicht auf Deinen ausführlichen und interessanten Artikel einzugehen, denn der öffnet dem Laien schnell die Augen über die Zusammenhänge. Danke für den interessanten Artikel und die tollen Fotos.

    Herzlich,
    Peter

Peter Roskothen - Journalist für Fotografie, Fotograf, Fototrainer

Willkommen bei *fotowissen sagt Peter Roskothen im Namen aller Autoren.

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