Fortgeschrittene Tropfenfotografie mit Rauch und Flammen – Teil #2. Schnell mal ein paar Fotos schießen, funktioniert eigentlich nie. Zu umfangreich sind die Vorbereitungen in der Tropfenfotografie. Wer aber die Zeit und etwas Geduld aufbringen kann und gerne exakt arbeitet, wird seine helle Freude an diesen mit dem bloßen Auge kaum wahrnehmbaren Momenten haben. Auch nach drei Jahren intensiver Tropfenfotografie finde ich diese Disziplin ungemein faszinierend.
Tropfenfoto oben: Fortgeschrittene Tropfenfotografie Urberg-Tropfen.
Inhaltsverzeichnis
Fortgeschrittene Tropfenfotografie
Die Tropfenfigur in Millisekunden
Ein menschlicher Wimpernschlag dauert etwa 120 Millisekunden und in diesem winzigen Zeitfenster bilden sich einzigartige, bei ihrer Entstehung nicht erkennbare Wasserskulpturen. Jede Fotosession beginnt mit einem Chaos aus Tropfen und Spritzern. Während dieser Phase muss man den Überblick gewinnen und unterschiedliche Parameter laufend verändern und anpassen, bis eine Figur gefunden ist, die dann sukzessive weiterentwickelt werden kann. Dabei ist es, abhängig von der gerade verwendeten Technik, immer wieder überraschend, welche fantastischen Bilder bei der Kollision von Wassertropfen entstehen können.
Feinjustage
Ich bevorzuge eher die ausgearbeiteten Figuren mit einer gewissen Symmetrie, aber auch unregelmäßige, abstrakte Formen haben ihren Reiz. Zwischen klar strukturierten, einfach aussehenden oder komplexeren Figuren, liegen immer nur ein paar Millisekunden. Da die fallenden Tropfen nicht zu sehen sind, analysiere ich das Foto auf meinem Monitor, um dann die Ventilpositionen, Auslösezeiten, Druck und weitere Einstellungen für die angestrebte Figur vornehmen zu können.
Die Jet-Technik
Alle Fotos in diesem Beitrag sind mit der Jet-Technik entstanden. Auf einen nach oben schießenden Wasserstrahl lasse ich aus bis zu drei Ventilen, einen oder mehrere Wassertropfen fallen. Dadurch gibt es sehr viele Variationsmöglichkeiten und es können unterschiedlichste Formen entstehen.
Fortgeschrittene Tropfenfotografie mit Rauch
Hat man es geschafft eine stabile, aber trotzdem nur für ein paar Fotos funktionierende Figur zu kreieren, kann man andere Elemente einbeziehen. Im Folgenden habe ich versucht, die Tropfenfiguren mit Rauch in Szene zu setzen, um die Bilder weiter zu gestalten.
Wasserdampf
Rauch alleine ist relativ einfach zu fotografieren, aber in Verbindung mit einer nur Sekundenbruchteile vorhandenen Wasserskulptur wird das deutlich anspruchsvoller. Beleuchtung und Belichtung müssen genau stimmen, sonst ist entweder die Figur falsch belichtet oder der Rauch nicht zu sehen. Zudem sind die interessanten, rotierenden Rauchturbulenzen oft noch nicht oder schon nicht mehr am Fokuspunkt, an dem die Tropfenkollision stattfindet.
Um Raucheffekte im Bild zu erzeugen, können Räucherkegel, Wasserdampf, Trockeneis oder Kerzen an verschiedenen Stellen positioniert werden. Dabei ist Kreativität gefragt. Nichtrauchern möchte ich aber von meinem Versuch mit einer dicken Zigarre abraten … man krümmt sich dabei nämlich zweimal: beim Hustenanfall und beim Lachen. Schon die eigene Atemluft kann stören und bei offenem Fenster geht gar nichts mehr und auch Zuschauer lenken vom Geschehen ab. Ohnehin kann jeder hören, dass ein Schuss gelungen ist, weil dann ein lauter Jauchzer durchs Haus tönt.
Dampf Räucherkegel
Eine weitere Steigerung der Schwierigkeit ist die Kombination der Skulptur mit Rauch und Flammen. Es gilt hierbei, die gegensätzlichen Elemente Feuer und Wasser zusammenzubringen. Während eine Rauchblase bremsend wirkt, reißen Verbrennungsgase die Figur geradezu nach oben, was bei den Auslösezeiten berücksichtigt werden muss. Das gesamte Timing ist kompliziert und mit der Zeit entsteht eine Art Choreographie, was die Koordination der Abläufe erleichtert. Man hat nämlich alle Hände voll zu tun, weswegen ich die Kamera nebst Blitzen inzwischen mit einem Fußschalter auslöse, weil ich sonst viel zu langsam wäre.
Wenn man ganz bei der Sache ist, vergisst man die Zeit um sich herum. Die Stunden laufen mir weg und verschwinden im Millisekundenbereich der Tropfenfotografie.
Nach fünf bis sechs Stunden konzentrierter Arbeit haben die Verwendung von unterschiedlichen Materialien und einigen Tassen Kaffee eine ganz eigene Duftnote in meinem Tropfenstudio hinterlassen und ich denke dabei öfters an den Chemieunterricht. – Chemie ist, wenn es stinkt und kracht – Aber man kann ja lüften und schließlich handelt es sich auch um experimentelle Fotografie.
Die Bildbearbeitung beschränke ich im Wesentlichen auf die Entfernung störender Flecken und Spritzer sowie die Anpassung der Tonwerte und Kontraste. Jedes Tropfenfoto ist ein Unikat.
© M. Guggolz – Fortgeschrittene Tropfenfotografie mit Rauch und Flammen – Teil #2
Dies ist eine Serie von Beiträgen - Tropfenfotografie - Lesen Sie die ganze Serie:
- Tropfenfotografie
- Fortgeschrittene Tropfenfotografie mit Rauch und Flammen
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Sehr geehrter Herr Guggolz,
einmal mehr sitze ich beim betrachten Ihrer Bilder staunend am Rechner: Was für eine Akribie dahinter stecken muß, kann ich höchstens erahnen.
Phantastische Bilder, Chapeau!
Weiterhin viel Freude mit den Tropfen!
Peter Ri
Guten Morgen Herr Ri,
herzlichen Dank für Ihren Kommentar. Die Tropfenfotografie macht mir nach wie vor riesigen Spaß, obwohl ich oft genug eine Sitzung beende, ohne ein einziges gutes Foto erreicht zu haben. Ich weiß, dass das dazu gehört und wenn dann nächstes mal ein Schuss dabei ist, der einen zum staunen bringt, ist das wieder ausgeglichen. Ich freue mich sehr darüber , dass ich Ihnen diesen Moment zeigen konnte.
Danke und ein schönes Wochenende,
M.Guggolz
Lieber Michael,
abgesehen vom Genre, zeigt sich jedem Betrachter, wie unzufällig die Qualität deiner Fotografie ist, und wie relativ klein die Erfolgsmenge sein mag. Das ist hoch professionell, ich bin maximal begeistert, genau deshalb. Und so, wie sich die Dinge entwickeln, sehen das auch zunehmend die Leute, die es zu schätzen, und zu fördern wissen.
Dir alles Gute dazu, und bleib dran, bitte!
Herzliche Grüße aus Siegen, Dirk
Lieber Dirk,
ich danke dir für deinen so positiven Kommentar. Freue mich sehr darüber.
Obwohl ich den Zufall nicht ausschließen kann und auch nicht wollte (immerhin entstehen auch dadurch manchmal tolle Figuren), weiß ich inzwischen wie ich eine Tropfensitzung angehen kann und was ich bei welcher Technik normalerweise erwarten darf. Ich muss nicht mehr nur nehmen was ich bekomme, sondern kann die Figur steuern. Das heißt noch lange nicht, dass auch genau das herauskommt was ich möchte. Manchmal “tröpfelt” die Sitzung so vor sich hin, ich denke nach ein paar Stunden ans aufhören und plötzlich ist die Figur da, auf die ich hingearbeitet habe. Dann kommt so etwas wie der Jagdinstinkt nach der perfekten Wasserskulptur des Tages.
Natürlich bleibe ich dran, es gibt viele Ideen dazu… und ich werde die Fotos auch weiterhin mit Freude teilen.
Lieben Gruß zurück,
Michael
Genau so habe ich das auch gemeint mit dem Zufall/Un-Zufall.
Das, was herauskommt, sieht man ja vorher nicht, aber der Weg dahin, den perfektionierst du.
Hallo Michael,
immer wieder sitze ich begeistert vor deinen Fotografien. Richtig fesselnd finde ich, unabhängig der technischen Aspekte, die Wirkung deiner Fotografien auf meine Fantasie. Sie nehmen mich mit in die Entstehung fremder Welten und Universen. Umso mehr freut es mich für dich, wenn nach Stunden, Tagen und Wochen fast mediativer Fotografie, spontan eine Ausstellung daraus wird. Gleichwohl bleibt bei mir eine Frage, ein Wunsch: Kann sich Michael vorstellen, die Bewegung seiner Werke mittels Hochgeschwindigkeitsfilm aufzunehmen? … und würde seine Frau ihm diesen Schritt verzeihen?
Grüß dich Bernhard,
Pardon, dass ich jetzt erst antworte.
Ich freue mich sehr über deinen Kommentar und darüber, dass dich meine Fotos so ansprechen. Fantasie braucht man während des Fotografierens dieser Gebilde, um überhaupt eine Figur entwickeln zu können und hinterher macht sich die Fantasie auf die Suche, oder assoziiert spontan etwas zu dem Bild. Das Spannende ist, dass jeder Betrachter etwas anderes darin findet. Wenn ich manchmal, etwas betriebsblind nach einer Session, vor allem das “Beste Foto” aussuche, entscheidet sich meine Frau nach anderen Kriterien meistens für ein ganz anderes Bild.
Sie hat deine Frage nach Hochgeschwindigkeitsaufnahmen spontan mit JA beantwortet. Ich kann es mir zur Zeit noch nicht vorstellen, weil ich noch so stark mit der Fotografie beschäftigt bin und die Filmfunktion meiner Kamera so gut wie nie benutzt habe. ( Ich weiß noch gar nicht wie es geht;))Für mich liegt die Faszination im Moment gerade darin, diese Figuren regelrecht zum “Stehen” zu bringen und in ein Foto mit einer Tiefenwirkung zu integrieren. Deswegen arbeite ich viel mit Rauch und Flammen zur Zeit. Die Tropfen nehmen mich derzeit völlig in Anspruch und ich fotografiere kaum etwas anderes. Alles zusammen geht halt nicht. In der Zukunft, als Fortführung meiner Fotografie wäre das jedoch durchaus eine Möglichkeit. Mir schwirrt, was die Fotografie betrifft, so viel im Kopf herum. Aber ein Plan ist das allemal…
Danke dir und liebe Grüße,
Michael
Guten Tag Herr Guggolz
Wenn ich ihre Biografie hier lese, dann sehe ich mich selber.
Seit bald 4 Jahren bin auch ich begeisterter Tropfenfotograf und freue mich immer auf ein Neues, wenn ich Gleichgesinnte kennenlerne.
Sie gehören zu den wenigen, die anscheinend das Genre wieder beleben möchten.
Nach dem Hype vor etwa 12 Jahren ist die Tropfengeschichte schon etwas eingeschlafen.
Vielen Dank für ihre toll geschriebenen Beträge und die irren Fotos.
Kann man mit Ihnen auch auf einem anderen Weg in Kontakt treten?
– Webseite
– Tropfenforen
– Veröffentlichungen Youtube / Instagram / 500px / Fotocommunity……
Freundliche Grüsse
Hansjürg Jenzer
Guten Tag Herr Jenzer,
ja, es gibt meines Wissens nicht mehr viele Fotografen, die dem Tropfenvirus verfallen sind;) . Wir beide sind offensichtlich Spätberufene.;)) Das liegt vielleicht daran, dass es, wie Sie wissen, technisch schon eine recht aufwändige Fotografie ist. Ich habe nie Versuche unternommen, Tropfen aus dem Wasserhahn, aus Infusionsbestecken oder ähnlichem zu fotografieren, sondern bin gleich „in die Vollen“ gegangen. Ersteres führt nicht dahin, wo ich von Anfang an hin wollte und noch hin will, letzteres ist mit großem Aufwand verbunden. Aber für meine Begriffe lohnt es sich . Ich muss aber zugeben, zu Anfang hatte ich keine Vorstellung, was das bedeutet;)) Ich freue mich sehr, dass Sie die Artikel auf fotowissen und meine Fotos schätzen, danke dafür. Seit kurzem sind einige meiner Bilder auf fotocommunity zu sehen.
Danke für Ihren Kommentar, viel Spaß bei der Tropfenfotografie… ich bin gerade dran…
Herzlichen Gruß,
M. Guggolz