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Tropfenfotografie

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Tropfenfotografie: Außer dem ultrakurzen Aufleuchten der Blitze ist nichts zu sehen. Was vor meinem Makroobjektiv geschieht, ist für das Auge, aber auch für den Verschluss der Kamera, viel zu schnell. Es geht um Highspeed Fotografie, in diesem Fall um die Tropfenfotografie oder um die Begegnung von Wissenschaft und Zufall.

Tropfenfotografie

Will man sich in dieser Nische der Fotografie versuchen, sind ein gewisses Verständnis physikalischer Vorgänge und räumliches Vorstellungsvermögen eine Voraussetzung, um interpretieren zu können, was man zeitversetzt erst auf dem Display erkennen kann. Man braucht zudem etwas handwerkliches Geschick und vor allem ein hohes Maß an Geduld.

Seit 2 Jahren bin ich Hobby-Tropfenfotograf, bewege mich inzwischen aber auch in anderen Disziplinen, wie Langzeitbelichtungen und Landschaftsfotografie. Bis die Pandemie meine sportlichen Aktivitäten als Skiläufer und Bergsteiger radikal einschränkte, hatte ich den Auslöser meiner Kamera meist nur im Automatikmodus zur Dokumentation im Beruf oder auf Expeditionen betätigt.

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Als ich zufällig ein Tropfenfoto sah, war ich sofort fasziniert und obwohl ich kaum Vorkenntnisse in Fotografie oder Bildbearbeitung hatte (Danke Peter!), wollte ich unbedingt solche Fotos belichten. Es folgte ein intensiver Lernprozess.

Tropfenanlage

Die Internet Recherche verlief ziemlich unergiebig. Mit Videos und Fotos auf YouTube kann man sich kaum in die komplexen Vorgänge der Tropfenfotografie einarbeiten und wirklich nachvollziehbare Beschreibungen sind selten. Dann fand ich ein Buch von Daniel Nimmervoll, in dem die Anfänge, Hinweise zum Equipment und einige Setups verständlich beschrieben werden. Ich habe eine Tropfenanlage konstruiert, die ich mittlerweile zum xten mal umgebaut habe, weil jedes neue Wasserskulpturenprojekt ein anderes Setup erfordert.

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Foto oben: Tropfenfotografie Aufbau.

Buchempfehlung Tropfen-Fotografie

Für den Einstieg ist dieses Buch empfehlenswert:

Die Kollision der Tropfen

In der Tropfenfotografie versucht man die Kollision von Wassertropfen festzuhalten. Die Tropfen aus den am Tropfengestell aufgehängten Behältern werden mittels exakt ausgerichteter Magnetventile ausgelöst, die ihrerseits durch ein Steuergerät und einen Laptop aktiviert werden. Das Steuergerät ist zentraler Bestandteil der Tropfenanlage. Auch die Kamera und die Blitzauslösung durch einen Blitztrigger werden darüber koordiniert.

 

Tropfen auf Tropfen TaT

Bei der wohl bekanntesten Tropfenfigur dem TaT (Tropfen auf Tropfen) fällt ein Tropfen in ein Wasserbecken, erzeugt dort einen Krater, in den, in einem bestimmten zeitlichen Abstand, ein zweiter Tropfen hineinfällt. Bedingt durch die Oberflächenspannung springt eine Wassersäule nach oben, auf die nun ein oder mehrere Tropfen positioniert werden. Durch unterschiedliche Auslösezeiten entstehen verschiedene Formen, z.B. Pilze, Kelche oder Scheiben. Die Viskosität der Tropfflüssigkeit ist mitentscheidend, aber auch Fallhöhe, Temperatur, Tiefe des Wasserbeckens, Oberflächenspannung, Füllstand der Behälter und damit der hydrostatische Druck uvm. spielen eine Rolle. Kleinste Veränderungen, wir sprechen hier von Millisekunden, bringen völlig andere Ergebnisse und oft genug beginnt man während eines Shootings von vorn, weil sich ein oder mehrere Parameter verändert haben. Am nächsten Tag sieht trotz identischer Einstellungen und Bedingungen alles wieder ganz anders aus. Wie schon erwähnt; Zeit und Geduld sind Voraussetzung und der Zufall spielt eine mal mehr, mal weniger große Rolle. Das macht die Sache umso interessanter.

Meine Kameraausrüstung

Ich verwende eine Vollformatkamera, ein 100 mm Makroobjektiv und mehrere Aufsteckblitze. Will man eine Figur spiegeln, stellt man den Kamerawinkel möglichst flach ein. Fokussiert wird manuell auf eine Fokussierhilfe, etwa eine Schraube, die so lange verschoben wird, bis der fallende Tropfen exakt die Schraubenspitze trifft. Bei einem Abstand des Objekts zur Sensorebene von 80 cm, einer Blende 14 bis maximal 18, liegt der Schärfentiefebereich zwischen 47 und 60 mm. Bei größeren Figuren verlängere ich den Abstand auf 100 cm mit entsprechend größerer Schärfentiefe (s.DoF Rechner). Trotzdem reicht dies oft nicht aus, um die gesamte Figur scharf abzubilden. Die Verschlusszeit von einer 1/125 Sekunde spielt in der Highspeedfotografie eine untergeordnete Rolle, die ISO liegen zwischen 200 und 500.

Extrem kurze Blitzzeiten

In einer 1/1.000 Sekunde fällt ein Tropfen ca. 2 mm, bei einer 1/10.000 Sekunde wären es 0,2 mm. Um scharfe Aufnahmen zu bekommen, sollte man aber im Bereich einer 1/20.000 Sekunde liegen, was einer Fallhöhe von 0,1 mm entspricht. Das ist über die Verschlusszeit der Kamera nicht möglich, sondern nur über die Abbrennzeiten der Blitze.

Der Tropfen fällt also, bei einem für eine 1/125 Sekunde geöffneten Verschluss, vor dem freiliegenden Sensor nach unten und wird dabei ausschließlich durch die Blitze in seiner Bewegung eingefroren. Dabei gilt: je kürzer die Abbrennzeit der Blitze, desto geringer ist die Bewegungsunschärfe der Wasserskulptur. Stellt man Abbrennzeiten von 1/128 ein, sind Auslösezeiten unter einer 1/20.000 Sekunde möglich.

Beleuchtung

Die Einstellung der Beleuchtung braucht Zeit und Erfahrung. Höhenanordnung und Winkel der Blitze müssen genau ausbalanciert werden. Besser sind Blitze mit hoher Leitzahl und diese sollten absolut synchron auslösen, um unschöne Doppelbelichtungen und entsprechende Unschärfe zu vermeiden. Meistens verwende ich Blende 16 und variiere Abbrennzeiten und ISO. Bei schwarzem Hintergrund beleuchtet man seitlich, bei hellem, teilweise farbigem Hintergrund von hinten, was ich ungleich schwieriger finde. Als Diffusor kommen Acrylplatten unterschiedlicher Lichtdurchlässigkeit zum Einsatz. Je nach Position kann man dadurch ein schönes, weiches Licht erzeugen. Ich habe auch aus einem großen, halbtransparenten Eimer einen Lichttunnel gebaut….

Wasserfiguren

Hat man einmal ein Gefühl für die Anlage, die Auslösezeiten usw. entwickelt, kann man die entstandenen Figuren interpretieren und weiß, welche Parameter man korrigieren muss, um entsprechende Effekte und Veränderungen zu erzielen. Trotzdem passiert es immer wieder, dass ich bei komplizierteren Figuren, ich verwende inzwischen 6 Ventile in einem Setup, die Orientierung verliere und das Ganze chaotisch wird. Aber selbst dann entstehen manchmal noch interessante, fantastische Figuren.

Jets, Verdickungsmittel, Farben, Rauch, Flammen

Es gibt viele unterschiedliche Techniken. Man kann sogenannte Jets von unten erzeugen, die aufsteigenden Säulen mit Luft verbiegen, Verdickungsmittel und unterschiedlichste Farben, Rauch und Flammen einsetzen, Blasen kreieren, Objekte verwenden, ballistische Elemente einbeziehen, auf Spiegel tropfen und und und…. der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt und oft ähnelt das Setup einem Versuchsaufbau im Labor. Ich verwende gerade auch ein System unterschiedlicher Düsen von Markus Reugels, einem Experten der Tropfenfotografie.

 

Die Tropfenfotografie ist ein weites Feld für Enthusiasten, für mich aber auch der, zugegebenermaßen, ziemlich komplizierte Einstieg in die Fotografie allgemein, in Computerarbeit und Bildbearbeitung.

Es gibt noch unendlich viele unentdeckte, einzigartige Wasserfiguren. Kleine Kunstwerke, die im Bruchteil einer Sekunde verschwunden sind.

© M. Guggolz – Tropfenfotografie Tolle Highspeed Fotografie

Dies ist eine Serie von Beiträgen - Tropfenfotografie - Lesen Sie die ganze Serie:


FAQ Tropfenfotografie (Anm. der Redaktion)

Wie hoch ist der Aufwand für die Tropfenfotografie?

Auf Nachfrage erzählte mir Michael, dass der Aufwand sich mit etwa einem Arbeitstag so gestaltet:

  • Grundlegendes Tropfen-Fotografie-Setup: 2 Stunden
  • Tropfen-Fotografie Licht-Einrichtung: 2 Stunden
  • Aufnahmen bis zu einem brauchbaren Foto: 2-3 Stunden
  • Post-Produktion Bildbearbeitung Tropfenfoto: 20-30 Minuten pro Foto mit Routine

Wie finde ich den Einstieg in die Tropfen-Fotografie?

Mithilfe der Buchempfehlung, welche oben im Artikel zu finden ist.

Welche Kamera benötige ich für die Tropfen-Fotografie?

Da der Aufbau des Setups, Lichts und alle weiteren Schritte etwa jedes Mal einen Arbeitstag dauert, ist es ratsam eine hochauflösende Kamera zu nutzen, um die bestmögliche Bildqualität zu erreichen. Die Fotos eignen sich hervorragend für große Poster an der Wand. Damit ist eine Kamera von 40+ Megapixeln ratsam. Da wir vor der Aufnahme nichts vom fertigen Foto sehen können, ist es ziemlich egal, ob wir eine Spiegelreflexkamera oder eine spiegellose Systemkamera (DSLM) nutzen. Ein Makroobjektiv möglichst guter Qualität ist ebenso notwendig. Ein Makroobjektiv mit kleiner Brennweite ist von Vorteil, um die Schärfentiefe zu vergrößern.

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Geschrieben von:

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M. Guggolz

Mein Einstieg in die Fotografie war ein Kaltstart.
Motiviert durch ein einziges Tropfenfoto habe ich mich vor etwa 2 Jahren an die Highspeedfotografie gewagt, ohne zu ahnen, wie komplex und vielschichtig diese Materie ist. Inzwischen habe ich mir die allgemeinen fotografischen Grundlagen erarbeitet und versuche mich auch an anderen Projekten, sowohl in meinem kleinen Studio als auch in der Landschaftsfotografie. Langzeitbelichtungen sind für mich ähnlich faszinierend wie die Highspeedfotografie. Auf dem Display einer Spiegelreflexkamera sieht man in beiden Disziplinen während der Belichtung nämlich nichts.
Erstaunlich finde ich, wie der Blick durch den Sucher die Sicht auf vieles verändert, ganz nach dem Goethe Zitat: „man erblickt nur, was man schon weiß und versteht“. So gesehen ist Fotografieren ein spannender und andauernder Lernprozess.

Journalist, Fotograf, Fototrainer Peter Roskothen

Willkommen bei *fotowissen sagt Peter Roskothen im Namen aller Autoren.

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