Mit Ski durch die Wüste – Fotografischer Reisebericht: Meine Freunde sind gerade hinter einem Dünenkamm verschwunden. Ich stehe alleine in der Wüste und drehe mich um meine Achse. Es ist einer dieser tief befriedigenden Momente, die ich auf meinen Reisen suche und immer wieder finde. Ich puste auf den Filter meines Zoomobjektivs. Der Sand ist überall, rundherum, zwischen den Zähnen, in den Schuhen, unter den Achseln und auch die Kamera ist gepudert mit feinem Sand. Glücklicherweise ist mein Kamerasystem gedichtet, aber ich getraue mich nicht, das Objektiv zu wechseln.
Inhaltsverzeichnis
Mit Ski durch die Wüste
Ein fotografischer Reisebericht
Als mein über viele Reisen bewährter, österreichischer Freund und Bergführer Christoph Höbenreich vorschlug, eine Sandwüste mit Ski zu durchqueren, hielt ich das zuerst für eine Schnapsidee. Auf den zweiten Blick und nach Sichtung seiner Fotos war ich fasziniert. Beide sind wir ausgebildete Profis, leidenschaftliche Skiläufer und Bergsteiger und immer interessiert an besonderen Unternehmungen.
Dass man Sanddünen mit Ski oder Boards abfahren kann, ist nicht neu. Wir planten jedoch eine etwa 75 km lange Ost-West Traversierung der Namib. Die Namib („Ort, wo nichts ist“) gilt als die älteste Wüste der Welt und erstreckt sich über 1500 km an der Küste Namibias und Angolas. Große Teile der Namib sind öde Kies- und Geröllwüsten. Die Sanddünenwüste ist 400 km lang, reicht aber nur bis 150 km ins Landesinnere hinein. Die Temperaturen erreichen im Sommer 50 °C, liegen während unserer Reisezeit, im Juni, tagsüber zwischen 25 und 35 °C, nachts um 10 °C. Charakteristisch ist die, durch verschiedene Eisenverbindungen verursachte, rötliche Färbung des Sandes. Infolge der Verschachtelung mehrerer Dünengenerationen türmen sich in der Namib einige der höchsten Dünensysteme der Welt auf.
Reise voller Herausforderungen
Das war für uns die Herausforderung zu einer besonderen Skitour. Mit zwei weiteren Partnern, die wir von gemeinsamen Expeditionen in der Antarktis kannten, reisten wir nach Walvis Bay in Namibia. Ein örtliches Reiseunternehmen transportierte uns mit Allradfahrzeugen zu unserem Ausgangsort an den Rand der Sandwüste. Die Ausrüstung und etwa zehn Liter Wasser pro Mann und Tag, wurde auf genehmigten Routen zu vorher festgelegten Lagerplätzen transportiert, wo wir uns allabendlich treffen sollten.
Sand, Hitze und Ski. Passt das zusammen? Es war eine merkwürdige Situation, die Ski in den Sand zu legen. Aber schon nach ein paar hundert Metern wusste ich: Das funktioniert sogar hervorragend. Man gleitet zwar nicht wie auf Schnee, aber man sinkt nur wenig ein. Zu Fuß würde es nur nach dem altbekannten Satz vorwärtsgehen: Ein Schritt vor und zwei zurück und ich erinnerte mich, dass schon in Vorzeiten Ski zur Überquerung von Sumpfgelände verwendet wurden.
Zu Beginn waren die Dünenketten ziemlich regelmäßig in Nord-Süd Richtung ausgerichtet, aber diese Anordnung wurde, je näher wir dem Atlantik kamen, immer chaotischer und wieder einmal zeigte sich Christophs exakte Planung und Führung. Das Gefühl aus der Talsohle zwischen den Dünenkämmen aufzusteigen, Höhe zu gewinnen, bis man oben angekommen den fantastischen Blick über die endlose erscheinende, unwirtliche und doch atemberaubend schöne Wüstenlandschaft in sich aufnehmen kann, ist unbeschreiblich.
Wir bestiegen die oft 200 m hohen Dünen meist über die scharfen Grate und die Höhenmeter summierten sich. Die anschließenden Abfahrten waren durchaus eine Herausforderung. Da wir mit Wanderski und Wanderschuhen unterwegs waren, gab es keine herkömmliche Skibindung aus Metall – die wäre durch den Sandabrieb nämlich schnell defekt – sondern nur eine Fixierung der Wanderschuhe durch Gummiriemen. Deshalb bevorzugten wir den Telemarkstil, fuhren geradeaus hinab und wurden dabei aber erstaunlich schnell. Den etwas übermütigen Versuch zu schwingen, habe ich früh aufgegeben, weil sich der Sand bei einem Sturz sofort stark verdichtet und diese Aktion in einem harten Einschlag endete.
Fotografieren in der Wüste Namib
Fotografieren in dieser grandiosen Trockenwüste macht Spaß. Es bieten sich immer neue Perspektiven: Die windgefrästen, unterschiedlichen Strukturen des Sandes, die Schwünge der auf- und absteigenden Dünenlinien, der Wechsel von tiefem Schatten zu gleißendem Licht. Morgens erscheint alles klar, frisch und irgendwie durchscheinend, mittags fällt das Licht senkrecht, hart, der Sand erscheint fast weiß, alles wird zur Silhouette. Gegen Abend wechselt das Licht in zunehmend warme, tiefe, rote Töne, es entsteht ein langer Schattenwurf. Die bekannte goldene Stunde.
Am zweiten Tag zogen dunkle Wolken auf und wir hatten das Glück, nach elf Jahren Trockenheit, den ersten Regen in der Namib zu erleben. Einerseits ergab das interessante Formationen am Himmel, andererseits war durch den Wind buchstäblich alles mit Sand paniert. Die Plastikhülle zum Schutz der Kamera leistete gute Dienste und ist mittlerweile fester Bestandteil im Kamerarucksack.
Tiere in der Wüste fotografieren
Mit etwas Glück sieht man eines der seltenen Tiere der namibischen Sandwüste. Spinnen, Käfer, Skorpione oder Eidechsen nutzen erstaunliche Strategien. Die Luftfeuchtigkeit der kühlen Nächte kondensiert zum Beispiel auf dem Chitinpanzer eines Käfers und die Tröpfchen werden durch Rinnen zur Mundöffnung geleitet. Andere graben sich im Sand ein, um sich vor der Hitze zu schützen. So auch eine Sidewinder oder Namibviper, die hervorgelockt durch die Vibrationen im Sand, plötzlich auftauchte und auf der Skispitze lag. Diese 40 cm lange Schlange ist, obwohl giftig, für den Menschen relativ ungefährlich. Dennoch wollte ich abends im Camp nicht mehr barfuß laufen.
Welch ein grandioser Kontrast. Hinter uns die gelbe Weite der namibischen Sandwüste, vor uns die blaue Unendlichkeit des Atlantiks. Oft liegt, bedingt durch den Benguela Strom, einer aus der Antarktis kommenden, kalten Meeresströmung, eine Nebelbank an der Küste.
Wir hatten die Durchquerung dieser einzigartigen Wüste innerhalb der genehmigten sechs Tage geschafft und uns vorgenommen, die mit 20 km Ausdehnung längste Düne der Welt, zur Brandung hinunterzufahren. Es wurde der perfekte Abschluss einer ganz besonderen Ski Reise.
© Michael Guggolz – Mit Ski durch die Wüste – Fotografischer Reisebericht
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Schon spannend, wenn Bergführer auf die Idee kommen, per Skier durch Sandwüsten zu reisen. Die beeindruckendsten Fotos sind für mich die im Mittelteil. Einmal das vom Camp, was mir ganz stark die Tatsache vermittelt, auch trotz Zelt dort nirgends drin, aber immer draußen zu sein. Und die beiden Fotos mit Personen auf der Dünenkante sind auch stark. Dimmensionen werden sichtbar, und auch ein wenig die „Bedeutungslosigkeit“ von Menschen dort. Dem letzten Foto sieht man den krönenden Abschluß an. Das ist „Telemark“-Stil, oder?
Abschließend noch die Frage, wie die Nachbereitung der Kameraausrüstung aussieht!? Muss man diese zur Reinigung einsenden, oder ist das eigenständig machbar?
Herzliche Grüße,
Dirk Trampedach
Guten Morgen Dirk,
….nirgends drin, aber immer draußen. Toll formuliert, das trifft es ganz genau und dazu kommt noch: ganz weit weg von allem. Ich habe das schon auf vielen Touren erlebt. Man setzt sich der Umwelt aus und das ist oft ein Hochgefühl, was sich, je nach Verhältnissen, natürlich auch schnell ins Gegenteil wandeln kann. Intensiv ist dieses Nomadenleben auf jeden Fall.
Es gibt sehr unterschiedliche Sande, die mal, besser mal schlechter gleiten. Mit Wanderschuhen steht man im Telemark Stil stabiler auf dem Ski, weil man diese Unterschiede so besser ausbalancieren kann.
Auf dem letzten Foto war der Sand durch die Feuchtigkeit vom Meer ziemlich hart und die Abfahrt entsprechend schnell …;)
Ich habe nur mein 24-70mm f 2,8 Zoom Objektiv verwendet und nur Pol- und UV Filter bei Bedarf gewechselt. Das alleine war schon eine knirschende Angelegenheit, deshalb habe ich auf Objektivwechsel verzichtet. Die Dichtungen haben zwar sehr gut funktioniert, trotzdem habe ich die Kamera zur professionellen Reinigung eingeschickt. Sicher ist sicher.
Danke für Deinen Kommentar und herzlichen Gruß,
Michael Guggolz
Hallo Herr Guggolz,
Sie haben einen sehr spektakulären Ausflug durch die Nabib gemacht und einen tollen Bericht geschrieben,! Bravo!
Ich hatte vor einigen Jahren mit einem kleinen Flugzeug die Wüste überflogen und war von der Farbenpracht der einzelnen Bereiche hin und weg. Natürlich sind wir auch in Sossusvlei auf die Dünen geklettert und habe mir vorgestellt wie es wäre mit Skiern dort runter zufahren.Aber auf die Idee die Dünenwüste zu durchqueren wäre ich nie gekommen. Ein verwegenes und tolles Erlebnis haben Sie erfahren können, dazu gratuliere ich Ihnen sehr!
Danke sehr Herr Gratzer,
Ja, wenn man das Wort Sandwüste hört könnte man vielleicht meinen, dass es nur ein riesengroßer Sandkasten ist, aber im Gegenteil ist es eine hoch spektakuläre Szenerie, die abgesehen von der sportlichen Herausforderung, gerade für mich als Amateurfotografen, so viel Abwechslung bietet, dass ich die Namib auf verschiedenen Routen schon zum zweiten mal durchquert habe. Natürlich ist es zuallererst eine ganz schön anstrengende Angelegenheit, aber die Ausblicke und dann eben auch die fotografischen Möglichkeiten sind fantastisch. Ich könnte mir vorstellen, dass ich das auch noch ein drittes mal versuche…
Danke für Ihren sehr netten Kommentar,
M.Guggolz
Hallo Herr Guggolz,
eine phantastische Reise, der dazu passende Bericht und diese erstklassigen Fotos! Auf die Idee mit Skiern durch die Wüste zu wandern, muß man erst einmal kommen, ein Abenteuer erster Klasse. Allein schon diese Fotos, eines interessanter als das andere und zum Schluß die finale Abfahrt!
Viele Grüße aus München von einer begeisterten Wanderin und Fotografin,
Gisela Gebhardt
Hallo Frau Gebhardt,
Nach einer solchen Reise hat man oft das Problem der Bildauswahl. Das kennen Sie sicher ebenfalls. Es freut mich sehr, dass Ihnen die Fotos gefallen und für mich als Skifahrer musste dieses Abfahrtsfoto natürlich mit in den Bericht. Stellen Sie sich vor: 6 Tage Hitze, Sand und dann den kühlen Atlantikwind von vorne und nur noch Wasser vor Augen. Am Fuß dieser Riesendüne gab es nur eine ganz kleine ebene Fläche. Ich hatte wirklich das Gefühl ins Wasser zu fahren. Trotz vieler spektakulärer Skifotos gehört dieses zu meinen Favoriten.
Danke für Ihren so positiven Kommentar.
Liebe Grüße,
M. Guggolz
Lieber Herr Guggolz,
Wow, was für eine interessante Reise und toller Bericht – ich hätte nicht gedacht, dass man mit Ski so gut durch die Wüste kommt.
Ihre Fotos gefallen mir sehr, die Perspektive ist wunderbar und es werden sicher nur wenig Menschen die Namib so gesehen haben. Einige Aufnahmen wirken fast wie Luftaufnahmen – toll. Ganz großes Kompliment!
Vielen Dank fürs Teilen des Erlebnisses.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende,
Silke Hullmann
Liebe Frau Hullmann,
es kommen wirklich nicht viele Menschen so tief in diese Wüste. Die Namib ist weiter südlich ja auch Diamantengebiet, restricted area und die namibische Regierung hat das permit für nur sechs Tage erteilt. Für uns war wichtig, dass wir abseits der offiziellen Touristenattraktionen unterwegs sein können und dafür hat sich jeder Tropfen Schweiß gelohnt ;) und natürlich habe ich versucht, diesem außergewöhnlichen Fotospot gerecht zu werden. Das ist nicht so einfach, weil man natürlich Strecke machen muss…außerdem brauche ich viel Zeit beim fotografieren.
Ich freue mich sehr, dass Ihnen die Fotos gefallen und entschuldige mich für die verspätete Antwort.
Danke und ebenfalls ein schönes Wochenende,
M. Guggolz