Fortgeschrittene Fotografie in der Sackgasse: Wenn wir über die Sackgasse in der fortgeschrittenen Fotografie sprechen möchten, gibt es dafür einige Varianten an Ansätzen. In diesem Artikel möchte ich die fortgeschrittene Fotografie in der Sackgasse aus der Tatsache heraus beschreiben, dass kreative Übermotivierung unsere Fotografie lähmt. Vielleicht gibt es für diesen Begriff auch eine bessere, oder sogar eine offizielle Bezeichnung. Um ein wenig einzugrenzen, was ich mit Überkreativität und dessen Lähmung vermitteln möchte, stellen wir uns das vor, was möglicherweise Viele von uns schon erlebt haben. Wir schnappen uns motiviert die Kamera, ziehen mit 1000 Ideen im Kopf in die Straßen, und deutlich frustriert, ohne ein einziges Foto, kehren wir nach Stunden heim.
Mit 1000 Ideen loszuziehen, und dennoch ohne brauchbare Fotos heimzukehren, ist gar nicht mal so ungewöhnlich. Wir sind allerdings in der Lage, die Häufigkeit solcher ergebnislosen Touren zu verringern, indem wir sie einzuordnen lernen. Wenn wir uns sicher sein können, ob es wirklich nicht viel Brauchbares zu sehen gab, oder ob uns die kreative Übermotivierung einen Streich gespielt haben mag, sind wir einen großen Schritt gegangen am eigenen Weg hin zu einer immer besser werdenden Fotografie. Diese fotografische Sackgasse hat nämlich Schlupflöcher.
1.000 verrückte Ideen nützen weniger als nur eine einzige gute.
Inhaltsverzeichnis
Der Zauber jeden Anfangs
Wer sich neu mit der Fotografie zu beschäftigen beginnt, kennt das wohlige Kribbeln der Euphorie, die damit einhergeht. Wir sind lernbegierig, voller Tatendrang, und saugen aus allen nur erdenklichen Momenten die Essenz des Erfolges in uns auf. Weiterkommen, also den Fortschritt in der Sache, erleben wir in dieser frühen Phase nahezu ständig. Und die Stufen der Erkenntnisse, die wir fortwährend erklimmen, sind kurz und hoch. Wie in Stakkato, scheinen wir die Treppe hochzulaufen. Kaum vorstellbar, dass das nicht so bleiben möge.
Stufen der Erkenntnisse
Kompetenz zu erlangen, bedeutet aber, nicht ausschließlich Neues ausfindig zu machen. Es gilt, Erlerntes zu üben, und es wieder und wieder zu tun, bis sich Routinen und hohe Erfahrungswerte einstellen. Eben jene Sicherheit, auf die wir bauen können. Dabei bleiben die Stufen der Erkenntnisse nicht auf ewig kurz und hoch. Je mehr wir schon wissen und beherrschen, umso mehr werden sie zu flachen Plateaus, auf denen uns ein langer Weg erwartet, bevor die nächste, mäßige Schwelle uns auf die nächste lange Stufe führt.
Das Vertrackte daran ist allerdings, dass die Erwartungen sich dem kaum anpassen. Mit kleinen Erfolgen und mittelmäßigen Ergebnissen geben wir uns nicht gerne zufrieden. Doch es ist anstrengend, mit steigenden Ansprüchen sehr lange auf der immergleichen Stufe unterwegs zu sein. Zu machen und zu tun, ohne dass sich „next level“ einstellt, zehrt an der Substanz. Hinzu kommt auch noch, dass kreative Menschen nie keine Ideen haben. Sich damit eher auf der Stelle, statt Stufe um Stufe nach oben zu bewegen, macht etwas mit uns. Sie merken sicher schon, wie sich das Blatt wendet. Und ich wette, Sie kennen das.
Die nächste Stufe erreichen wir manchmal nur durch einen Schritt zurück.
Fortgeschrittene Fotografie in der Sackgasse
Angst und Ungeduld
Vielleicht geht uns in dieser wichtigen Phase der eigenen Entwicklung der rote Faden verloren. Es könnte auch sein, man stellt für bestimmte Zeit den Grad der eigenen Motivation infrage. Oder noch schlimmer, wir attestieren uns schlimmstenfalls eigenes Unvermögen. Worst Case unserer Gefühlsfalle ist schließlich die Angst, alles Erlernte und Erreichte wieder zu verlieren.
Ich darf Sie beruhigen, alles das trifft kaum zu. Was wirklich geschieht, ist, dass wir ungeduldig werden. Wir halten es wahrscheinlich auch noch für eine schlaue Idee, erst gar nicht mehr nach den mittelmäßigen Sachen Ausschau zu halten. Was wir finden wollen, sind die Top-Motive der Extraklasse. Doch wo sind die alle? Nicht mal die sehen wir.
Was nun passiert, ist paradox. Denn obwohl wir viele Kenntnisse erworben haben, obwohl wir eine hohe Kreativität besitzen, tut sich einfach nichts. Kreativ sein, ist erst einmal nichts anderes als ein Gedankenkonstrukt, in dem Sachen geschehen, die sich über das, was wir kennen, erheben. Schlecht ist das nicht. Es könnte nur sein, wir sind in einer Phase angekommen, wo abgehobene Gedanken zur Ausschließlichkeit geworden sind, und wir denken derer zu oft und zu viel.
Der fotografische Weg aus der Sackgasse
Einsicht und Rettung
Wenn unsere fortgeschrittene Fotografie in der Sackgasse landet, können zwei Ansätze helfen. Erstens, wir freuen uns dran, überhaupt kreativ zu sein. Zweitens, gilt das gute, alte „weniger ist mehr“, und das ist besonders für Kreative bedeutsam. Lassen Sie mich ein wenig übertreiben. Nehmen wir an, wir hätten 100 kreative, teils völlig abgedrehte Ideen, mit denen wir in den Foto-Tag starten könnten. Das ist gar nicht so abwegig, denn kreative Menschen haben selten keine Ideen. Nun sind von den 100 Ideen höchstwahrscheinlich weit über die Hälfte absurd. Auch das wäre nicht unwahrscheinlich. Außerdem sind immer Ideen dabei, die sicherlich gut gewesen wären, aber an der Umsetzung hat es gehapert. Und dann sind da noch jene Ideen, die uns zwar in den Sinn kommen, die wir aber vergessen, bis es spruchreif wird. Diese Szenarien sind Standard und passieren kreativen Menschen ständig. Was davon übrig bleibt, sind gerade mal eine Handvoll, vielleicht 2, oder 3, oder 5.
Für unsere Fotografie könnte das bedeuten, dass das auf Motive bezogen, ebenfalls so ist. Oft unterwegs im Anspruch nach den Top 100, die wir natürlich weder sehen noch schaffen können, geht an solchen Tagen alles verloren. Die ultimativen Knallermotive zeigen sich nicht, und auch jene 2, oder 3, oder 5, die es wert gewesen wären, werden übersehen, weil wir gar nicht mehr danach schauen. Im Grunde ist das nichts als Stress. Verkrampftes Suchen nach den großen Dingen, Angst, banale und rückschrittige Fotografie zu betreiben, und Frust darüber, nichts hinzubekommen.
Wenn mich diese lähmende Überkreativität im Griff hat, und ich das bemerke, probiere ich es gerne hiermit:
- Nicht denken und suchen, einfach fotografieren! Nach Lust, Laune und Bauchgefühl durch die Straßen schlendern, sich in die Sonne setzen, und alles anlinsen und ablichten, was uns „anspricht“.
- Ohne Kamera losziehen! Man glaubt gar nicht, wie viele vermeintlich langweilige, unsinnige, öde Stellen sich plötzlich finden, wo man sich komplett ärgert, keine Kamera dabei zu haben! Diese Art zu schauen, nimmt man dann beim nächsten Mal, dann aber mit Kamera, frischen Mutes mit auf den Weg.
- Alles fotografieren, nur nicht das, was wir am liebsten fotografieren! Legen wir für einen Tag unser Hauptthema beiseite, und lassen uns völlig unbedarft von allem Möglichen inspirieren.
Als Fazit dieses Artikels möchte ich Ihnen einfach nur gerne ans Herz legen, besonnen zu bleiben, oder zu werden. Lassen Sie uns nicht vor lauter Bäumen den Wald übersehen. Oder anders gesagt, geben wir uns auch gerne den tollen Kleinigkeiten hin, die wichtig sind im großen Ganzen. Das müssen gar nicht unbedingt viele sein. Kreativität ausleben und umsetzen, das geht auch an einer einzigen Sache. Vielleicht ist das der Schlüssel. Klein, leicht, einfach.
Für ihre Aufmerksamkeit bedanke ich mich, und für ihre Fotografie wünsche ich ihnen die rechten Impulse zur rechten Zeit. Wie immer freuen wir uns über ihre Kommentare!
Herzlich grüßend
Ihr Dirk Trampedach
SHU-HA-RI in der Fotografie >>
© Dirk Trampedach, Journalist für Fotografie bei *fotowissen – Fortgeschrittene Fotografie in der Sackgasse und der Weg heraus
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Lieber Dirk,
gut, dass Du so einen Artikel geschrieben hast! Denn das hat jeder, der engagiert fotografiert, schon erlebt, da bin ich mir sicher! Ich auch!
Meist vor dem Schlafen fallen mir Ideen für eine Fototour ein, die ich mal machen könnte. Letztes Wochenende wollte ich zum Beispiel bei Sonnenschein und Wolken zu einem nahegelegenen Dorf fahren und dort eine lange Allee in infrarot fotografieren. Meine Vorstellungen davon waren aber erheblich besser als der Eindruck vor Ort. Na und! Nach anfänglicher Enttäuschung und ratlosem sich um die eigene Achse drehen habe ich einen einzelnen Baum auf einem Acker entdeckt und fotografiert. Zufrieden ging es mit einem Foto wieder heim!
Insofern sind Deine Ratschläge genau richtig und unbedingt mal zu beherzigen!
Herzlichen Dank!
Liebe Grüße
Frank
Lieber Frank,
es freut mich, dass du mit dem Artikel was anfangen kannst. Dein beigesteuertes Beispiel zeigt ja auch nur zu gut, dass es ein Thema ist, was durchaus ein paar Gedanken wert sein könnte. Ich danke dir jedenfalls sehr für deine Gedanken und die Kommentierung!
Herzliche Grüße, Dirk
Lieber Dirk,
besten Dank für diesen sehr wichtigen Artikel, welchem ich gerne ein paar Zeilen zur Seite stellen möchte.
Zum Erkennen der eigenen Bildsprache ist wichtig, orientiert euch nie an Likes auf Instagram oder ähnlichem, es sei denn, ihr seid Fan von Köchen die Einheitskost auf Papptellern der Eitelkeit servieren.
Seid in der Lage jede einzelne eurer Fotografien, als die Eure zu spüren.
Bleibt originell und habt keine Angst nicht perfekt sein zu können. Das Streben nach Perfektion, ist der erste Schritt in eine Blockade. Fotografiert, habt Spaß am Durchführen und lasst euch nicht von der Lächerlichkeit einer sterilen Perfektion davon abhalten.
Kreativität ohne technisches Verständnis erzeugt lebendiges Chaos;
technisches Verständnis ohne Kreativität – tödliche Langweile.
Liebe Grüße,
Bernhard
Lieber Bernhard,
vielen herzlichen Dank für deine Gedanken und die wertvollen Aspekte!
Und natürlich auch für deine Zeit, hast sicherlich aktuell ziemlich „um die Ohren“,
wie man so schön sagt… ;-)
Beste Grüße, Dirk