Ich bin in tiefer Sorge um die Kameraindustrie. Der mangelnde Erfolg von Sucherkameras hat nicht nur mit krassen Managementfehlern der Kamerahersteller zu tun, sondern auch mit dem Erfolg des Smartphones, welches wir immer dabei haben. Wird es bald zum Kollaps der Kameraindustrie kommen? Und was bedeutet das für uns FotografInnen?
Die *fotowissen Themen der Woche:
- Sorge um die Kameraindustrie
- Fujifilm Hassliebe bei Fans
- Fuji GFX Mittelformat System
- Dirk Trampedach: Selbstportrait fotografieren
- Focus Stacking Software Test
- Blumenstrauss fotografieren ultimative Tipps
- Unterschiede zwischen Handykameras und Sucherkameras für die professionelle Fotografie
- Intuition in der Fotografie
- Shu-Ha-Ri in der Fotografie
Vorab: Es sind in dieser Woche so viele neue *fotowissen Artikel wie selten (wann schreiben wir Redakteure das alles?). Bitte geben Sie uns Ihr Feedback. Es ist wichtig für uns Autoren, dass Sie auf die Themen eingehen, damit wir wissen, ob es Sie bewegt. Wenn Sie in den folgenden Endzeit-Überlegungen der Sorge um die Kameraindustrie keinen Ansporn finden, lesen Sie bitte über die Fotografie des Blumenstraußes, der Sie motivieren kann. Vielen Dank!
Inhaltsverzeichnis
- Tiefe Sorge um die Kameraindustrie
- Hassliebe zur Kameraindustrie
- Kameras auf hohem Niveau
- Florierender Gebrauchtmarkt
- Ist die Zukunft das Ende?
- Fuji GFX Mittelformat System
- Dirk Trampedach: Selbstportrait fotografieren
- Focus Stacking Software Test
- Blumenstrauss fotografieren ultimative Tipps
- Tipp Makroobjektiv 2:1
- Intuition in der Fotografie
- Shu-Ha-Ri
- Jung gebliebene Artikel
Tiefe Sorge um die Kameraindustrie
Wir dürfen uns Sorgen um die Kameraindustrie machen. Das Smartphone ist eine Art bequeme immer-dabei-Gehirnwäsche. Die Gurke verlangt keine Kenntnisse. In der Realität drücken Milliarden Menschen nur ab, ohne etwas von Fotografie zu verstehen. Die Kameras im Smartphone sind von einem Computer „intelligent“ gesteuert. Das Gesicht des Gegenübers wird erkannt, die fehlende Blende versucht der Computer der Gurke mit Berechnungen zu ersetzen. Auch wenn die Smartphone-Fotografie den meisten *fotowissen LeserInnen keine Freude macht, ist sie dennoch auf dem Vormarsch.
Meine Sorge um die Kameraindustrie von „echten“ Sucherkameras, rührt von Meldungen wie: Canon sucht Kooperation in der Smartphone Industrie (Quelle: Gizmochina). Ich selbst mache mir auch Sorgen um Fujifilm und habe dem Unternehmen erst in diesem Jahr Vorschläge unterbreitet, was für den Fujifilm-Fotografen interessant wäre:
Konstruktive Fujifilm Kritik 2023 >>
Hassliebe zur Kameraindustrie
Der YouTuber Dee Rosa redet vor laufender (Fujifilm-) Kamera von seiner Hassliebe zum Unternehmen, dem er mangelnde Aufmerksamkeit gegenüber den Kundenwünschen vorwirft. Fakt ist, dass die Kameraindustrie auf immer höhere Megapixel setzt, die immer bessere Objektive verlangt. Damit steigen die Preise und die Kameras, vor allem die Objektive werden immer teurer. Immer weniger davon werden verkauft und wenn sich die Nummer Eins der Branche schon dem Smartphone zuwendet, was wird dann mit so kleinen Unternehmen wie Fujifilm werden? Wird sich die Kameramarke in Kürze in chinesischer Hand befinden, wie schon Olympus oder Hasselblad?
Korrektur 19.06.2023 (Dank an Sumiko): Olympus ist zu 95 Prozent in japanischer Hand des Unternehmens Japan Industrial Partners (JIP). Die restlichen 5% bleiben bei Olympus.
Klar ist, dass sich auch Kameraunternehmen nicht aus rein künstlerischen oder mitfühlenden Gründen um uns FotografInnen kümmern, sondern vor allem wegen des Aktienkurses. Und wenn das Fujifilm Kamerageschäft nur noch 3 % vom Umsatz des Unternehmens ausmacht, dann wird mal schnell die Notbremse gezogen. Ich habe seit einiger Zeit das Geschehen des Fuji-Unternehmens verfolgt und es kommt mir vor, als würde die Lokomotive mit angezogener Handbremse in den Lokschuppen einfahren. Der Instax-Markt ist noch interessant, dort wird investiert in Kamera- und Druckerentwicklungen, weil auch das Material Umsätze bringt. Aber ob wir noch Sprünge von diesem und anderen Kameraherstellern erwarten dürfen? War das Ende der Photokina nur der Vorbote?
Kameras auf hohem Niveau
Die Kameras sind auf so hohem technischem Niveau, dass eine kommende Canon R1 den meisten Fotografen nur noch ein Schulterzucken entlocken. Es wird wieder einige technikaffine Männer geben, die die Kamera kaufen. Viel Geld kann Canon mit der R1 nicht verdienen, denn wen kann eine 45-Megapixel-Kamera ohne mechanischen Verschluss interessieren, die bereits zwei Jahre zuvor von Nikon als Z9 auf den Markt gebracht und inzwischen als Z8 noch günstiger verramscht wird.
Ich empfehle Ihnen diese SD-Speicherkarten, da sie schnell und zuverlässig sind:
Ausführlicher Testbericht zu den SD-Speicherkarten >>
Tipp: Die SD-Karte rechts ist für schnelle Kameras oder schnelles Auslesen am Rechner ausgesprochen gut geeignet.
Florierender Gebrauchtmarkt
Viele von uns denken nun: Was schert mich das, ich habe eine tolle Fotoausrüstung. Aber was ist, wenn kein Service, keine Ersatzteile mehr für uns FotografInnen zu bekommen sind? Dann wird das eng für uns, die wir gerne durch einen Sucher schauen.
Betrachten wir mal zum Spaß den gebrauchten Analogmarkt: Dort wird gerne gekauft, was keine Elektronik hat und mechanisch einwandfrei auslöst. Die Preise für gebrauchte analoge Mittelformatkameras sind förmlich durch die Decke gegangen. Niemand hätte sich vor 10 Jahren vorstellen können, wie hoch die Nachfrage im Jahr 2023 für gebrauchte analoge Kameras sein würde. So sehr, dass Pentax wieder analoge Kameras plant. Waren digitale Kameras also nur eine Episode in den 4,5 Milliarden Jahren, die unser Planet auf dem Buckel hat? War es ein kurzer Furz der Kameraindustrie im Universum?
Sind digitale Sucherkameras nur ein kurzer Furz der Kameraindustrie?
Ist die Zukunft das Ende?
Enden wir alle kompromisslos als Smarphone-Zombies, die wie Autisten mit Kopfhörern in der Gegend herumlaufen und nicht mehr zum Gespräch oder Beischlaf ohne mobile Telefonzelle fähig sind? Wird es ein Sonntags-Smartphone-Verbot geben, um den Braunkohlebaggern eine Pause und dem Gespräch eine Chance zu geben? Nutzen wir alle in Zukunft diese Endgeräte, die zum Fotografieren nicht einmal einen Auslöser bieten, oder müssen wir uns gebrauchte analoge Kameras besorgen, die 50 Jahre alt sind und nach einer Generalüberholung noch mal 50 Jahre durchhalten? Werden wir eine Industrie von 3D-Druckern mit Ersatzteilen für Hasselblad, Pentax und Mamiya bekommen, die uns bei eBay die Teile verkauft, während die digitalen Kameras mangels elektronischen Leiterplattenersatzes im Nirwana landen?
Besser als Gold oder Aktien: Sollen wir 10.000 analoge Filme und einen Tiefkühlschrank kaufen?
Vielleicht und hoffentlich werde ich das Ende der digitalen Sucherkameras nicht erleben. Ich gebe mindestens Canon eine Aussicht auf eine weitere Sucherkamera-Zukunft. In meiner tiefen Sorge um die Kameraindustrie verlieren wir eventuell im Laufe der nächsten Jahre Firmen wie Fuji, Nikon oder gar Sony, die den Aktionären verpflichtet sind und keine Kameras mehr produzieren, weil es nichts mehr zu holen gibt. Das wäre, gelinde gesagt, ein kurzer Digtialkamera-Moment gewesen. Der Wettbewerb ist für uns Fotografen von entscheidender Bedeutung, da sonst die Preise zu hoch wären. Ich drücke allen Hersteller die Daumen für eine gute Zukunft und eine Erholung des Marktes. Hoffentlich ist meine Sorge um die Kameraindustrie unbegründet.
Fujifilm Hassliebe bei Fans >>
Fuji GFX Mittelformat System
Was macht das Fujifilm Mittelformat System aus? Was kann das System und was wird noch kommen?
Fuji GFX Mittelformat System >>
Dirk Trampedach: Selbstportrait fotografieren
Mein Freund Dirk schreibt über das Selbstportrait. Nein, nicht mit der Gurke.
Selbstportrait fotografieren >>
- Monitor für Photographers mit 27 Zoll und einer WQHD-Auflösung von 2560 x 1440 Pixeln; IPS Panel Technologie
Focus Stacking Software Test
Ein aufwändiger Test mit langen Rechenzeiten, um herauszufinden, welche Focus Stacking Software empfehlenswert ist. Wer noch nicht weiß, was Focus Stacking ganz genau ist, der findet weiteren Lesestoff:
Focus Stacking Software Test >>
Tutorial Focus Stacking Fotografie >>
Focus Stacking in der Makrofotografie >>
Super scharfe Landschaftsfotos – Perfekte Schärfe und Blende >>
Blumenstrauss fotografieren ultimative Tipps
Und wie immer möchte ich Sie zum Fotografieren motivieren. Kaufen Sie Ihrer Frau oder Ihrem Mann einen Blumenstrauß, warten eine Stunde, damit sich die Aufregung legt und zücken die Kamera (oder die Gurke) und das Sträußchen als Motiv zu missbrauchen. Wenn die gebundene Blumenwiese kurz nach ihrer Fotografie bei 28 Grad auf dem Gartentisch den Kopf hängen lässt, reden Sie sich mit dem Versprechen auf den nächsten Strauß heraus:
Blumenstrauß fotografieren ultimative Tipps >>
Tipp Makroobjektiv 2:1
Dieses Makroobjektiv mit 2:1 Vergrößerung (!) ist für alle großen Kameramarken (Canon, Nikon, Sony, Fuji) preiswert zu bekommen. Das Objektiv kann Tilt und Shift, wird manuell scharf gestellt und überträgt keine Daten an die Kamera. Es ist eines der wenigen Makroobjektive mit unglaublichem 2:1 Abbildungsmaßstab, der ausreicht um sprichwörtlich einer Fliegen in den Hintern zu schauen:
- 【Kompatible Kameramodelle mit Tilt-Shift-Funktion】TTArtisan 100mm F2.8 Objektiv Tilt Shift Makro 2x Vollformat für Canon RF APS-C: R7, R10, Vollformat EOS R, RP, R3, R5, R5C, R6. R6ii.
Testfotos:
Alle Fotografien wurden mit Topaz DeNoise AI und Topaz Sharpen AI bearbeitet, da die Belichtungszeit aus der Hand kurz gehalten und die Blende bei F8 einstellt wurde. Die resultierende ISO war recht hoch.
Intuition in der Fotografie
Dirk Trampedach macht das Schreiben zur Philosophie ebenfalls große Freude. Wir haben gemeinsam einen Artikel herausgehauen, der das Thema Intuition in der Fotografie auseinandernimmt. Wir freuen uns auf Ihre philosophischen Kommentare dazu:
Intuition in der Fotografie >>
Shu-Ha-Ri
Nun hatte ja auch schon der philosophische Beitrag “Shu-Ha-Ri” Zuspruch. Auch hier hatten wir uns Mühe gegeben, mal den Fokus zu tilten, weg von Kameratechnik hin zur Lernkurve in der Fotografie. Vielleicht geben Sie dem Beitrag trotz fehlender geheimer Kameras eine Chance:
SHU-HA-RI in der Fotografie >>
Jung gebliebene Artikel
Falls Sie eine Pause eingelegt haben, durchstöbern Sie hier die Artikel der letzten 30 Tage:
*fotowissen Artikel der letzten 30 Tage >>
Viel Spaß beim Fotografieren mit einer der letzten digitalen Sucherkameras,
Herzlich,
Ihr Peter R.
© Peter Roskothen ist Profi-Fotograf, Fototrainer, Fotojournalist – Sorge um die Kameraindustrie
In eigener Sache (Werbung für die besten Fotokurse, seit es Handbücher gibt):
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Möchten Sie tiefer in die Bildbearbeitung einsteigen, an einem besonders guten Monitor arbeiten, das Ziehen der Regler verstehen und selbst Bilder mit WOW-Effekt aus Ihren Fotografien erzeugen? Dann sind Sie richtig beim individuellen Fotokurs Bildbearbeitung, der genau auf Ihrem Wissen aufbaut und Ihnen garantiert große Augen Ihrer Verwandten und Freunde beschert:
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Hilfeaufruf von *fotowissen
*fotowissen leistet journalistische Arbeit und bittet um Ihre Hilfe. Uns fehlen in diesem Jahr noch etwa € 15.586,- (Stand 09.12.2024, 10:00) um den Server, IT, Redaktion und um die anderen Kosten zu decken. Bitte beschenken Sie uns mit dem Spendenbutton, sonst müssen wir in Zukunft die meisten Artikel kostenpflichtig bereitstellen. Das wäre schade, auch weil das weitere unkreative Aufgaben stellt, die wir zeitlich kaum stemmen wollen. Vielen Dank!
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Hallo Herr Roskothen,
mit Interesse habe ich den Artikel zur Zukunft der Kameraindustrie gelesen. Ich habe es schon in einigen Branchen erlebt, dass der Satz „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ zutrifft. Es ist eben so, dass ein Smartphone, es muss kein 1.000 € Teil sein, technisch sehr gute Fotos liefert, auch in Händen von Menschen, die sich nicht mit Fotografie beschäftigt haben. Die Einfachheit, wie dann diese Fotos oder Filme weiterverwendet werden können, social media bis zur automatischen Erstellung einer Fotoshow, hat für den Normalbürger einen hohen Nutzwert. Er muss sich nicht mit Technikwissen belasten und kann sich voll auf das Motiv konzentrieren. Schlüssel ist eben die Einfachheit für den Nutzer, die im Wesentlichen durch hohe Integration von Funktionen und durch automatisch ablaufende Prozesse entsteht.
Da braucht niemand mehr eine Kompaktkamera oder gar eine klobige Ausrüstung zum Rumschleppen. Diejenigen, so wie ich, die gerne die Möglichkleiten einer potenten Spiegelreflex / Systemkamera mit Wechselobjektiven nutzen werden dafür mit astronomischen Preisen für Neuerscheinungen und mit teueren Abomodellen für Software frustriert.
Guten Tag,
zunächst möchte ich ein Kompliment an Herrn Roskothen, allen Mitautor*innen, allen Leser*innen und allen Kommentarschreiber*innen machen: Mit welcher wohltuenden Sachlichkeit und Ruhe auf dieser Fotoseite debattiert wird, ist einfach großartig!
Doch zum Thema. Ich beziehe mich auf die beiden letzten großen Beiträge über die Zukunft von Fujifilm im Besonderen und die Fotoindustrie im Ganzen. Niemand wird es mehr ernsthaft leugnen; die Fotografie, wie wir sie kennen, befindet sich in einer gewaltigen Umbruchphase. Ob in einer guten oder in einer schlechten kommt immer auf die eigene Sichtweise an. Unter all den vielen Kommentaren und Meinungen zu diesem Thema empfehle ich Ihnen zwei Beiträge von Dr. U. Metzmacher auf seiner lesenswerten Seite „FOTOSINN“:
https://fotosinn.de/blog/emanzipation-der-fotografie-von-der-ki/
und
https://fotosinn.de/blog/wenn-es-keine-fotografien-mehr-gibt/
Glücklicherweise verdiene ich als Amateur mein Geld nicht mit der Fotografie. Als Profi oder Kamerahersteller*in muss ich mir dagegen wohl Gedanken über die Zukunft machen. Das liegt in der Natur dieser Entwicklung. Sie schreiben es ja auch, Herr Roskothen: Die Kameraindustrie muss in erster Linie nicht uns (und noch viele weniger uns Amateuren) gefallen, sondern ihren Kapitalgebern. Wem das im jetzigen Kapitalismus nicht gefällt, für den habe auch ich zurzeit keine vernünftige Lösung parat.
Wenn Nikon, wie Sie, lieber Herr Roskothen, es erwähnen, alten Wein in neue Schläuche füllt (Z8 / Z9) oder Canon und Sony guten Wein mit billigem Fusel vermengt und Fuji sich dreimal überlegt, ob die Lese der guten Trauben schon beginnen soll, so mag uns das nicht gefallen. Die Kapitalgeber dagegen schauen nur auf Zahlen. Da bleibt wenig, sehr wenig Platz für Zukunftsperspektiven. Es ist, wie es ist in einer Zeit der neokapitalistischen Produktionsweise: Geld gibt nur der, der am Horizont Rendite sieht. Aber in einer Umbruchsphase die gerade erst begonnen hat, ist weit und breit kein Horizont zu sehen.
Was uns Amateuren dagegen bleibt ist die Hoffnung auf gute Motive und sie in wunderbare Bilder umzusetzen. Vielleicht auch der Traum von einer wunderschönen Fuji X100 sechs … – ach herrjeh, ich werde zu persönlich!
Ich wünsche uns allen einen sonnigen Sonntag.
Bernd Kockerols
Hallo Herr Roskothen,
ein Artikel der Endzeitstimmung verbreitet, meiner Meinung nach etwas übertrieben, aber ein guter Artikel muss provozieren und sicherlich auch etwas übertreiben.
Schon vor einigen Jahren wurde ich auf einem Volksfest bei dem ich mit einer Kompaktkamera Fotos machte angesprochen wieso ich noch mit einer Kamera fotografiere. Diejenigen die mich ansprachen hielten ihre (derzeit noch nicht so guten) Handys hoch und fotografierten / filmten das Geschehen auf der Bühne. Mittlerweile habe ich den subjektiven Eindruck man wird von einigen Zeitgenossen innerlich belächelt wenn man seine Fototasche öffnet und eine Kamera rausholt die ungefähr 15 mal so schwer ist wie ein Handy und manchmal doppelt soviel kostet.
Für mich heißt Fotos machen auf dem Handy „knipsen“, und ich muss immer wieder lächeln wenn ich sehe wie viele den digitalen Zoom nützen. Die direkte Darstellung auf dem kleinen sehr guten, leuchtstarken Display impliziert dass man ein gutes Foto gemacht hat. Ich weiss dass dies nicht stimmt. Die Software des Handys vollbringt Wunderwerke die Unzulänglich-keiten desjenigen der da auf den Auslösebutton drückt zu korrigieren, und dies in Bezug auf Verwackler und wenig Licht. Wir wissen, dass wenn man sich solche Bilder in Photoshop & Co. ansieht, man bei etwas Vergrösserung schon den Pixelmatsch erkennt, die zu starke Schärfung, die Artefacte, die übertriebenen Farben. Dann kommt noch dazu dass sehr viele Menschen diese Bilder dann per Whatsapp übertragen wo sie auf 1024×768 Pixel zusammengestaucht werden. Auch das scheint die meisten nicht zu stören, verlässt doch ein grosser Teil solcher Bilder nie das Handy, von Backups ganz zu schweigen.
Diese Anschauung / Meinung teilen aber immer weniger Menschen, denn wie in dem Artikel sehr zutreffend beschrieben, wird die „Immer-dabei-Kamera-Handy“ auch immer besser. Noch vor 10 Jahren schaffte man sich bei der Geburt des ersten Kindes eine vernünftige Kamera an. Heute knipst die ganze Verwandschaft mit Handy und dann kommt der Satz „…kannst Du mir das bitte schicken…“.
Für die Fotoindustrie ist dies ein großes Problem. Einfache, billige Kompaktkameras sind ganz vom Markt verschwunden. Es wird immer mehr in HighTech Kameras gepackt die ein nicht so technisch affiner Mensch nicht mehr versteht. Mittlerweile muss man sich mit einer Kamera richtig vertraut machen, wie habe ich meine Festtasten belegt, wo ändere ich Blende, ISO und Zeit, wo finde ich was im Menue, usw. Wenn man dann noch wie ich mehrere Kameras besitzt von verschiedenen Herstellern, wird es ganz kompliziert. Ich hole manchmal nur so eine Kamera raus und übe nochmal die Einstellungen. So, und genau an dieser Stelle merkt man dann dass man ein Hobby hat was man liebt, derjenige der nur Bilder zur Erinnerung machen will, oder Filmaufnahmen, wird nie mehr sich einen Fotoapparat kaufen, die Zeiten sind wirklich vorbei.
Dies ist aber in der Audiobranche ähnlich, mp3-Qualität reicht den allermeisten, HiRes Audio ist was für Liebhaber, und da wird fürchte ich die Fotobranche auch landen. Professionelle Fotografen werden die Kameras kaufen, da spielt der Preis eine nicht so große Rolle wie beim normalen Verbraucher. Dies sieht man jetzt schon verglichen zu früher an den Vollformatkameras von Canon und deren Objektiven. Die Preise haben kräftig angezogen. Ich bin nicht der Meinung dass diese Technik vom Markt verschwinden wird, aber für den Hobbyfotografen wird es weniger erschwinglich. Schade.
Die Tonlage des Artikels erscheint mir überhaupt nicht übertrieben. Die ganze Entwicklung geht in Richtung höhere Preise, Nischen und KI. Statt guter Qualität wird schön gerechnet, bis die dunklen Bildecken wieder ansehlich und die Farbsäume beseitigt sind. Geschäfte mit Anfassmöglichkeiten und Beratung gibt es kaum mehr, wenn dann fehlen die Lagerprodukte, nur noch auf Bestellung mit Vorkasse. Nur aufgrund von Vergleichstabellen im Netz oder Empfehlungen von aufgeregten Influencern wird ein Kaufanreiz schwierig.
Dank immer häufigerem Einsatz von KI auch in Kameras verliert man immer mehr die Kontrolle über das Foto. Minolta selig hatte mal ein Classicmodell ohne die Algorhythmen (Beispiel: zweimal dunkel vor hell = Portrait und muss aufgehellt werden / wenn es aber Bäume sind vor hellem See muss man mühsam nachkorrigieren, weil man nicht weiss, was die Kamera schon selber korrigiert hat). Ein wenig mehr Himmel und schon sieht das Sucherbild komplett anders aus und erfordert Eingriffe. Die unkomplizierte Beschäftigung mit einer vertrauten Kamera ist aber ein guter Grund für viele, sich mit Fotografie ausserhalb der Handyszene zu beschäftigen. Ist das schnelle Erinnerungsfoto das Ziel, braucht es keine Kameraausrüstung mehr. Ich wünsche Pentax viel Erfolg mit ihrer Nischenkamera für Schwarzweiss.
Wer sich mit Fotografie ernsthaft beschäft, weiss, was er einstellen muss. Die unabsehbaren Resultate aus den Kameraprofilen nehmen die Freude, denn ich will mich mit dem Motiv beschäftigen und nicht mit der Verhinderung von Vorgaben. Die grosse Menge der Gelegenheitsfotografen freut sich aber, denn nun kann man ohne geringste Ahnung ansehbare Fotos produzieren. Dass dieser Kundenkreis keine grossen Investitionen tätigt und nicht leidensfähig ist (GFX-System schleppen, Drucke anfertigen), erstaunt nicht wirklich. Canon will den Amateurbereich verlassen und sieht sich mehr im Bereich Überwachung und Produktion von Objektiven für andere. Die Kamerasparte wird wohl noch gemolken, solange es geht. Die Preispolitik zielt kaum auf Neukunden sondern auf Ausbeutung der Bestandskunden.
Bei Fuji mag ich zur Zeit auch nicht investieren. Die Abgrenzung gegen die anderen Hersteller geht verloren (Einstellräder) und die noch nicht vorhandenen Objektivreihen für die 40 MB schrecken mich ab. GFX sollte sich wirklich auf das Topsegment konzentrieren und nicht nur sehr schwere Zoom anbieten. Die Anfassqualität scheint mir heute geringer. Die Bedienung der Kameras erfordert viel Einarbeitungsaufwand. Wenn Hasselblad nicht so teuer und keine Chinaware wäre …
Ich habe auch wieder analoge Kameras aktiviert und gebe sie in den Service, solange die Möglichkeit dazu noch besteht. Die gemächliche Arbeitsweise und die konzentrierte Fotoarbeit sind natürlich nur für eingeschränkte Bereiche möglich. Ich mache ähnlich gute Erfahrungen damit wie hier im Forum geschildert wurden. Die hohen Filmpreise relativieren sich, wenn man an die zweijährigen teuren Kamera-Updates im Digitalbereich denkt (was bei Fuji noch neue Objektive erfordert mit den 40 MB Kameras).
Die genannte Preisexplosion für Mittelformat betrifft vor allem Hasselblad. Nimmt man Zenza Bronica, bekommt man hochwertige Ausrüstungen nachgeworfen vor allem im 645 Format. Diese Teile sind extrem zuverlässig und verleiten zu einem Kaufrausch, wenn man die alten Preise noch kennt. Die PE-Objektive sind sehr gut und können bis in den Nahbereich fokussieren, anders als bei Hasselblad, wo man für ein Kopfbild erst Zwischenringe montieren muss. Das Seitenverhältnis entspricht dem von GFX.
Ich würde mich selbst eher als ambitionierten Hobbyknipser denn als ambitionierten Amateur bezeichnen, weil ich mich selbst erwische, dass ich im Alltag fast nur mit dem Smartphone fotografiere und auch im Urlaub ein großes Augenmerk darauf richte, die Ausrüstung klein und kompakt zu halten.
Warum ich selbst nicht mehr (Zeit) in das „richtige“ Fotografieren investiere, sind einige Entscheidungen (nicht nur) der Kameraindustrie, für mich wichtige Features nicht bzw. nicht mehr anzubieten. Z.B. gab es von Sony den app- Store, der von vielen belächelt wurde. Apps wie zum Beispiel die „glatte Reflexion“ fand und finde ich aber sehr gut und nutze sie auch immer mal wieder. Das soll jetzt nur als Beispiel dienen, wo Kamera- und smartphone-Technologie zusammen wachsen könnten und sollten. Denn die Ergonomie einer (kompakten) Kamera kann und wird ein smartphone nie bieten, während eine Kamera prinzipiell schon die Möglichkeiten eines Smartphones (bezogen auf Fotografie) bieten kann.
Persönlich schaut das Ganze dann so aus: Wenn ich ein (technisch) „gutes“ Bild, auch im Hinblick auf Freistellung etc. machen möchte, nehme im bevorzugt die Kamera, wenn es um Langzeitbelichtung geht aber sehr häufig das smartphone, einfach weil es bequemer ist.
Ich liebe die Smartphone-Bilder meiner Tochter von meinen Enkeln. Millionen Menschen halten Augenblicke ihres Lebens mit dem Smartphone fest, auch in Lichtverhältnissen, in denen „echte“ Fotografen ein Stativ auspacken würden. Es gibt sogar Fotojournalismus mit dem iPhone. Für die meisten Zwecke sind die Bilder mehr als gut genug.
Ich selbst verwende eine „Sucherkamera“, weil das mein Hobby ist. Außerdem kann man damit Sachen machen, die mit dem Smartphone eben nicht gehen. Das ist alles.
Lieber Herr Roskothen,
wie immer ein spannender Ausblick. Ich tendiere ja bisweilen auch dazu, meine frisch polierte Glaskugel aus der Originalverpackung zu holen.
Herr @Horst Jung hat das ja bereits treffend formuliert. Der Markt der sogenannten Hobbyfotografen – sind wir nicht alle ein bisschen Hobby – wird auf Grund er teils exorbitanten Preise eher weniger. Der Profimarkt wird den Herstellern kaum zur Genüge reichen, denn in Deutschland mag es davon vielleicht 20-30.000 geben. In anderen Ländern sicher nochmals deutlich weniger. Und da sich mittlerweile fast alle Hersteller (allen voran Marken wie VW und Mercedes) auf die Fahnen geschrieben haben, nur noch zahlungsfähiges und zahlungswilliges Klientel bedienen zu wollen, weil sie sich davon exorbitante Profite erhoffen, werden die Preise weiter steigen, die Hobbyisten abhängen und die Profis dennoch nicht mehr reizen, weil auch die irgendwann mal gesättigt sind und vor allem ihre eigenen Preise nicht um so viel anziehen können, wie die Ausrüstung teurer wird.
Trifft das so zu, graben sich die Hersteller gerade ihr eigenes Grab. Umso erstaunlicher, als das die Marktstrategen dieser Unternehmen horrende Gehälter kassieren, für den Unsinn, den sie in meinen Augen verzapfen. Aber das scheint mittlerweile groß in Mode gekommen zu sein.
Fujifilm im Besonderen wird das egal sein, verdienen die doch das meiste Geld mit Healthcare. Das haben übrigens Nikon und Canon auch im Portfolio. So werden die Chinesen den Kamerasektor der Unternehmen kaufen, um ihn anschließend einzustampfen und ihre eigenen Billigprodukte auf den Markt zu werfen. So, wie sie das immer tun.
Bis das aber so weit ist, werden noch ein paar Jahre in’s Land ziehen und wir dürfen uns weiterhin an unserer „alten“ Ausrüstung freuen.