Müssen scharfe Objektive teuer sein oder geht es auch billiger? Immer wieder möchten Fotoamateure, Fotoeinsteiger und Fotografen gerne die eierlegende Wollmilchsau als (Zoom-)Objektiv kaufen. Wir geben Tipps:
Inhaltsverzeichnis
Scharfe Objektive – Festbrennweite oder Zoomobjektiv?
Nicht alle Objektive sind besonders scharf. Gerade die preiswerten Kitobjektive, die mit digitalen Einsteigerkameras verkauft werden, sind nicht immer die Schärfsten. Das stellen Fotoamateure meist zu spät fest, wenn sie das Zoomobjektiv bereits gekauft haben. Ein Verkaufen des Kitobjektives lohnt sich meist nicht, aber man kann auch solche Objektive noch sinnvoll nutzen, wenn man keine Poster von den Fotos anfertigen möchte.
Welches Objektiv ist das Richtige für mich?
In meinen Fotokursen werde ich oft gefragt, welches Objektiv das Richtige sei. Ich gebe gerne Tipps für den Kauf. Zunächst einmal sind Festbrennweiten eine tolle Sache, wenn es um niedrige Kosten und hohe Schärfe geht. Manch einer kauft für den Einstieg ein preiswertes Canon 50mm f1/1.8 Objektiv oder ein etwas teureres Nikon AF-S NIKKOR 50 mm 1:1,8G und kann damit wunderbare Portraits fotografieren (Digitalkameras mit APS-C Sensoren).
Das gleiche gilt auch für eine 85mm f1/1.8 Festbrennweite auf einer Vollformatkamera, die allerdings schon etwas teurer ist. Selbstverständlich bieten auch Fremdanbieter wie Sigma oder Tamron Alternativen für preiswerte Objektive der meisten Kamerahersteller.
Für Anfänger ist ein 50mm Objektiv mit guter Blende hervorragend geeignet um zu starten
Im Gegensatz zu einer Festbrennweite hat eine Zoomobjektiv den Vorteil verschiedene Blickwinkel zu bieten. Bei einem Zoomobjektiv wechselt der Fotograf nicht zwischen Festbrennweiten, denn er kann einige Blickwinkel mit einem Objektiv wählen. Aber viele billige Zoomobjektive erreichen nicht die Schärfe und Kantenschärfe der Festbrennweiten. Zoomobjektive sind zwar bequem, weil Einsteiger der Fotografie Ihren Platz nicht verlassen müssen, sondern zoomen können. Jedoch ist bewusstes Fotografieren mit einer ausgewählten Brennweite / Blickwinkel so nicht möglich. Mit einer Festbrennweite müssen Fotografen zwar ab und an etwas zurück oder vor gehen, dafür wird aber genau die Brennweite genutzt, die man möchte.
Vorteile Zoomobjektiv
- mehrere Brennweiten schnell wählbar
- flexibel
- praktisch auf Reisen
Vorteile Festbrennweite
- i.d.R. schärfere Leistung
- größere anfängliche Blendenöffnungen
- schnellerer AF
- schnellere Belichtungszeiten in Dunkelheit, oft die beste Möglichkeit für Sportfotografie
- höhere Tiefenunschärfe bei offenerer Blende
- leichter
- i.d.R. billiger
Tatsächlich ist ein Zoomobjektiv für Einsteiger zunächst sehr bequem, verzerrt aber im Weitwinkelbereich auch so manches Gesicht und ist eher für die Reportagefotografie vorgesehen. Profis haben oft viele Festbrennweiten und nutzen diese lieber, da sie schärfere Ergebnisse erzielen, manchmal auch, um zur puristischen und konzentrierten Fotografie zurück zu kehren.
Schauen Sie zum Spaß mal bei den superscharfen und berühmten Leica-Objektiven rein. Sie finden meist Festbrennweiten in den verschiedenen Leica-Systemen. Leica nennt das gerne „Konzentration auf das Wesentliche“.
Früher („Wir hatten ja Nichts“) begannen Fotografen mit einer analogen Kamera und einem 50mm Objektiv. Später kauften die Infizierten noch ein Weitwinkel (meist 35mm) und eine Teleobjektiv (meist 100mm) hinzu. Drei Objektive genügten meist. Damit sind wunderbare Bilder entstanden.
Welche Objektiv-Brennweite für welches Motiv
Wer ein Foto mit einer bestimmten Brennweite machen möchte, der will in der Landschaftsfotografie gerne ein Weitwinkel nutzen, in der Portraitfotografie gerne ein 85mm Objektiv und für Tierfotografie ein möglichst lange Brennweite von 300mm oder mehr nutzen. Für letztere Objektive sollte man einen Koffer voller Geld parat haben und nicht über 100 Euro nachdenken müssen. Wir reden hier über tausende Euro. Beispiel gefällig? Nehmen wir mal das Canon 300mm f2.8. Das kostet momentan etwa EUR 6.000,-. Sportfotografie und Wildlifefotografie ist tatsächlich nicht nur sehr anspruchsvoll, sondern auch sehr teuer.
Für die Reportagefotografie können Zoomobjektive sehr nützlich sein, da man dann bei verschiedenen Anforderungen an den Fotografen nicht wechseln muss. Oft möchte man auch gar nicht wechseln, denn in vielen Gegenden hat man mit viel Staub und Dreck zu tun und öffnet die Kamera nur ungern.
Aber auch hier kann vieles mit einer guten Festbrennweite erledigt werden. Die Voraussetzung für gute Fotos mit einer einzigen Brennweite ist im Grunde nur Übung und die Anpassung der Distanz an das Objekt.
Faustregel: sehr gute und scharfe Zoomobjektive sind meist viel teurer als eine vergleichbare scharfe Festbrennweite
Zu guter Letzt noch ein Tipp: Fotografieren Sie einmal einen Urlaub lang nur mit einem 35mm oder 50mm Objektiv. Sie werden sehen, wie viel Spaß die Reduktion auf eine Festbrennweite macht und wie herausfordernd das ist. Sie können sich hierbei wieder mal richtig auf das Fotografieren konzentrieren.
Ich selbst habe 10 Tage lang im Urlaub nur mit einem Canon 35mm f2.0 fotografiert und wollte kaum zu Zoomobjektiven zurück kehren. Die Ergebnisse werde ich auf *fotowissen auch veröffentlichen. Hier ein erster Vorgeschmack:
Info Nikon Objektive und Canon Objektive
Nikon stellt zwei Ojektivmodellreihen zur Verfügung: Das DX-Format und das FX-Format. Während das FX-Format an allen Spiegelreflexkameras passt, ist das DX-Format für die APS-C Sensoren, nicht aber für die Vollformatsensoren gedacht.
Bei Canon sind es drei Baureihen: Die EF-Formate sind für Vollformatkameras, aber auch für APS-C Sensoren geeignet. Die EF-S-Objektive sind nur für APS-C Sensoren gerechnet und die EF-M Reihe ist speziell für die EOS M Kameras (Systemkameras ohne Spiegel mit elektronischem Sucher) konzipiert.
© Peter Roskothen ist Profi-Fotograf, Fototrainer Fotokurse, Fotojournalist – Scharfe Objektive teuer oder billig? Festbrennweite oder Zoomobjektiv?
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Ach, Peter. Hätte ich Deinen Artikel doch gelesen, bevor ich mir das Reiseobjektiv gekauft habe, das nun seit einem Jahr ungenutzt im Schrank liegt :-( Ich kann Deiner Empfehlung auf jeden Fall nur zustimmen. Einige der schönsten Aufnahmen die ich mit meinem Makro-Objektiv / Festbrennweite 90mm gemacht habe, haben mal so gar nichts mit Makro zu tun, sind dafür aber auch meist knackig scharf!
Auf jeden Fall ist es eine spannende Herausforderung nur mit einer Festbrennweite auf die Foto-Pirsch zu gehen und die Ergebnisse sind häufig auch ganz anders als man es erwartet hätte.
In diesem Sinne, danke für den hilfreichen Beitrag und die Erinnerung an den Tag mit einer Festbrennweite :-)
LG
Britta
Hallo Peter,
vielen Dank für den Artikel über Objektive. Zumindest bei Nikon findet mal heute noch viele sehr gut erhaltene, günstige Objektive, die hervorragende Qualität liefern. Dazu kommt, dass viele der älteren Objektive für analoges Kleinbildformat ausgelegt waren und heute problemlos auf einer Vollformat- und einer APS-C-Kamera genutzt werden können.
Zu beachten sind jedoch folgende Punkte:
* Der Autofokus ist langsamer als bei den aktuellen Objektiven.
* Die älteren Objektive haben keinen Bildstabilisator.
* Der Autofokus funktioniert nicht mit jeder Kamera (manueller Fokus funktioniert).
* Zu beachten ist die Kompatibilitästabelle der ganz alten Objektive mit den neueren Kameras.
* Ältere Objektive habe oft die Möglichkeit, die Blende direkt am Objektiv einzustellen. Bei der falschen Einstellung meldet eine moderne Kamera einen Fehler.
* Manche Zoom-Objektive wurden als Schiebezooms konstruiert. An diese Bedienung muss man sich am Anfang gewöhnen.
Ein älteres Vollformat-Objektiv hat einige Vorteile (es betrifft natürlich nicht alle, aber viele der Objektive):
* Es ist deutlich weniger Kunststoff verbaut. Damit liegt so ein Objektiv besser in der Hand, ist robuster und unempfindlicher gegenüber Temperaturschwankungen. Natürlich gibt es auch Kunststoffobjektive, die jedoch sehr kompakt sind.
* Durch den robusten Aufbau ist ein harter Fokusstopp bei Unendlich möglich. Das ist besonders praktisch bei Himmelfotografie. Man stellt die Kamera auf den manuellen Fokus, dreht den Fokusring bis zum Anschlag und schon ist das Bild perfekt scharf.
* Viele der Objektive haben eine Entfernungsanzeige, die beim manuellen Fokusieren hilfreich ist. Einige Objektive haben zusätzlich eine Fokus-Markierung für den Einsatz bei Infrarotfotografie.
* Diese älteren Objektive eignen sind perfekt für die Anwendung in Retrostellung, da die Blende manuell verstellt werden kann.
* Ein Vollformat-Objektiv an einem APS-C-Sensor hat kaum Probleme mit Randabschattung und anderen optischen Fehlern, da der Bildkreis größer ist.
Persönlich finde ich ein Metallgehäuse mit eingravierten Aufschriften, die locker 30 Jahre perfekt aussehen, viel schöner als ein Kunststoff Gehäuse. Ein Metallgehäuse fühlt sich irgendwie besser an.
Gruß
Blandyna
Wunderbarer Artikel der meine Erfahrungen in allen Punkten unterstreicht. Immer wieder kehre ich zu meiner 50 mm Festbrennweite zurück. Und einen Aspekt des Artikels möchte ich besonders hervorheben. Mit der Festbrennweite lernt man seinen Standort zu verändern und bewusster zu fotografieren.
Hallo Herr Roskothen,
vielen herzlichen Dank für die umfassenden Informationen bezüglich „Festbrennweite und Zoomobjektiv“. Das macht mir meine persönliche Auswahl doch entscheidend einfacher. Für das was ich mit dem neuen Objektiv vor habe eignet sich demnach eine Festbrennweite vorzüglich und hat darüber hinaus den Preisvorteil.
Mein Ziel ist es, ein eigenes Kochbuch mit Bildern von den einzelnen Speisen zu erstellen. Auch habe ich bereits sehr gute Bilder von fetigen Gerichten abgelichtet und die sehen ohne Übertreibung schon recht professionell aus. Natürlich verwende ich am Ende auch noch etwas Photoshop um das letzte herauszukitzeln, aber ich denke je hochwertiger das Ausgangsmaterial ist, desto weniger muß ich da nacharbeiten. Ich denke neben dem richtigen Objektiv spielt auch die perfekte Ausleuchtung eine oft unterschätzte Rolle. Auch hier werde ich mich nach und nach entsprechend ausrüsten. Momentan verlasse ich mich diesbezüglich noch auf die meiner Meinung nach beste Lichtquelle die es gibt. Tageslicht. Dann muß der Teller mit dem Gericht halt notfalls an einen eher unüblichen, aber dafür perfekt ausgeleuchteten Platz stehen.
LG
Tommy Reichl