Müssen Fotografen den OIS und IBIS auf dem Stativ ausschalten? Grundsätzlich wird empfohlen, den IBIS und OIS¹ auszuschalten, wenn Sie Ihre fest montierte Kamera auf einem festen Stativ verwenden. Der Grund dafür ist, dass der Stabilisierungsmechanismus unnötig arbeiten und dadurch Mikrobewegungen erzeugen kann, die die Bildqualität beeinträchtigen. Allerdings ist das nicht die ganze Wahrheit.
*fotowissen-Profi-Info: ¹ OIS (Optical Image Stabilization, deutsch: optische Bildstabilisierung, bei Canon IS genannt) ist eine Technologie, die beim Fotografieren aus der Hand Verwacklungen ausgleicht, indem bewegliche Linsenelemente innerhalb des Objektivs entsprechend der Kamerabewegungen angepasst werden. OIS hilft besonders bei längeren Belichtungszeiten oder Teleaufnahmen, um Verwacklungsunschärfe zu reduzieren.
Im Gegensatz zu IBIS (In-Body Image Stabilization, deutsch: stabilisierter Sensor), das den Bildsensor bewegt, erfolgt die Stabilisierung bei OIS direkt im Objektiv. Viele moderne Kamerasysteme kombinieren beide Technologien für eine noch effektivere Stabilisierung.
Bild: Nikon. IBIS, Stabilisierungsmechanik für den Sensor.
Inhaltsverzeichnis
Moderne Kameras und IBIS / OIS auf dem Stativ
Einige aktuelle Kameramodelle verfügen offenbar über eine automatische Stativ-Erkennung, die den IBIS entweder deaktiviert oder entsprechend anpasst. Und dennoch stellt sich die Frage:
Sollten wir Fotografen den IBIS auf dem Stativ ausschalten?
- Ja, wenn Ihre Kamera keine automatische Erkennung besitzt und wir die Kamera nicht auf dem Stativ bewegen.
- Ja, wenn wir mit schnellen Verschlusszeiten ab 1/1.000 Sekunde arbeiten (Sport, Action, Wildlife).
- Nein, wenn Ihre Kamera erkennt, dass sie auf einem Stativ steht (z. B. Nikon Z9, Canon R5, Sony A7 IV).
Ausnahmen, in denen IBIS auf dem Stativ sinnvoll sein kann
- Bei starkem Wind oder Vibrationen, beispielsweise bei Langzeitbelichtungen im Freien.
- Bei leichten Stativen, die minimale Bewegungen nicht vollständig eliminieren.
- Bei der Nutzung von Teleobjektiven, die über einen eigenen Stabilisator (OIS/VR/IS) verfügen – hier kann ein Test mit und ohne IBIS sinnvoll sein.
Lange Belichtungszeiten erreichen Sie in Dunkelheit oder einem Graufilter vor dem Objektiv. Fotografieren Sie mal mit IBIS (und OIS), mal mit abgeschaltetem IBIS und OIS. Vergleichen Sie die Aufnahmen am Monitor (nicht am Display oder Sucher) in der 100%-Ansicht.
Sport Action Wildlife
Einige Hersteller raten dazu, ab einer tausendstel Sekunde Verschlusszeit den IBIS abzuschalten. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. Canon und Nikon haben in den Objektiven beim OIS eine Erkennung.
- Ab 1/1000 Sekunde frieren Sie Bewegungen so stark ein, dass Verwacklungen kaum noch eine Rolle spielen. Die Stabilisierung könnte also unnötig arbeiten.
- Wenn keine Verwacklungen mehr vorhanden sind (weil die Belichtungszeit sehr kurz ist), kann die Stabilisierung Mikrobewegungen oder Verzögerungen erzeugen – das führt zu einer minimalen Unschärfe.
Auch hier gilt unser Tipp: Testen Sie es individuell! Einige Systeme (z. B. Canon RF- und Nikon Z-Objektive) sind darauf ausgelegt, OIS auch bei kurzen Zeiten zu nutzen, während andere Kameras durch deaktivierten von OIS/IBIS bessere Schärfe liefern. Wenn möglich, probieren Sie es mit und ohne Stabilisierung aus und vergleichen Sie die Schärfe in der 100%-Ansicht.
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Mitzieher / Panning
Beim Mitziehen mit dem Motiv (etwa einem Läufer, ein Rennfahrzeug, einem Vogel im Flug) können einige Objektive einen Schalter haben der bis zu drei Stufen bietet. Canon etwa hat einen Schalter für den Ein-Aussschalter, aber auch einen Stabilizer-Mode (Modus der OIS-Stabilisierung), der auf drei Stufen geschaltet werden sollte:

OIS /IS und IBIS Kompensation
Die Kamerahersteller geben immer wieder übertriebene Werte an, was die Kompensation durch Verwackeln angeht. Oft heißt es in der Werbung für eine Kamera:
- IBIS mit bis zu 8 Stufen Kompensation
Im Kleingedruckten steht dann oft eine Erklärung zur Messmethode (laut CIPA). Warum sind 8 Stufen IBIS oft unrealistisch?
Labormessungen vs. Realität
Hersteller testen unter idealen Bedingungen (z. B. mit kurzen Brennweiten und optimaler Haltung). In der Praxis treten jedoch Mikroverwacklungen, Atmung oder minimale Handbewegungen auf, die den Effekt verringern.
Brennweitenabhängigkeit
Weitwinkelobjektive profitieren stärker von IBIS als Teleobjektive. Bei langen Brennweiten (>200 mm) ist die physische Bewegung größer, wodurch IBIS weniger effektiv wird. Daher macht auch ein OIS in Teleobjektiven Sinn.
Verschlusszeiten-Mythos
Eine „8-Stufen-Komprimierung“ suggeriert, dass Sie beispielsweise mit einem 100mm Objektiv aus der Hand mit 2 Sekunden belichten könnten – das klappt in der Realität selten. Meist sind bei ruhiger Hand 3–5 Stufen realistisch. Beispiel: Mit einem 100mm Objektiv werden bei vier Stufen Kompensation immerhin 1/5 Sekunde aus der Hand möglich. Diese Verschlusszeit berücksichtigt aber keinesfalls Bewegungen vor der Kamera, sondern ausschließlich Fotos von statischen Motiven (Stillleben).
Die Kompensation hängt aber auch von der Dichte der Pixel im Sensor, vom Alter des Fotografen und vielen anderen Faktoren ab.
Testfoto IBIS / OIS oben: Beim IBIS OIS Test Fujifilm X-H2S mit XF 500mm waren Fotografien mit einer 1/60 Sekunde aus der Hand möglich. Ein tolles Ergebnis.
Kombination mit OIS (Optical Image Stabilization)
Einige Hersteller addieren IBIS- und OIS-Werte, obwohl die Systeme nicht perfekt zusammenarbeiten. Besonders bei bestimmten Kamerasystemen kann die Kombination sogar kontraproduktiv sein.
Fazit Stativ und IBIS / OIS
Es gibt laut Experten viele Variablen, die eine Antwort auf die Frage „Müssen Fotografen den IBIS auf dem Stativ ausschalten?“ erschweren. Das Alter des Objektivs, Alter der Kamera, OIS, Brennweite, Stativ, Wind. Alte Objektive mit OIS hatten oft Schwierigkeiten auf dem Stativ.
Heute scheint es, als seien Kameras entweder in der Lage, ein Stativ zu erkennen und den IBIS auszuschalten, oder der IBIS funktioniert so einwandfrei, dass es keine Rolle spielt und er sogar eingeschaltet bleibt.
Die Kamerahersteller äußern sich nicht immer eindeutig zu dem Thema. Ausprobieren und das Ergebnis nicht auf andere Kamera-Objektiv-Kombinationen übertragen ist der beste Tipp derzeit. Dokumentieren Sie Ihre Erfahrungen und schreiben Sie uns bitte Ihre Erfahrung im Kommentar.
© Peter Roskothen ist Profi-Fotograf, Fototrainer, Fotojournalist – Müssen Fotografen den IBIS auf dem Stativ ausschalten?
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Danke für die Information, dass der IBIS bei 1/1000 s oder kürzer automatisch abgeschaltet wird.
Bei Nahaufnahmen mit einem 40 mm Objektiv aus der Hand habe ich mich gewundert warum die Aufnahmen bei 1/1000 s nicht wirklich scharf waren aber bei 1/800 s scharf – jetzt ist mir klar warum!