Die Fotoausstellung Early Works von Martin Parr läuft zurzeit im Foto Forum Frankfurt. Ich bin für Sie vor Ort gewesen, und möchte Ihnen dazu meine Eindrücke und Ansichten zur Verfügung stellen:
Foto oben: Martin Parr-Early Works, FotografieForumFrankfurt
Inhaltsverzeichnis
Martin Parr
Martin Parr, 1952 in England geboren, zählt sicherlich zu den bekanntesten britischen Fotografen. Er studierte in Manchester Fotografie (1970-73) und ist seit 1994 Mitglied bei der Agentur Magnum Photos. Parr hat mit mehr als 80 Teilnahmen an Ausstellungen und mit der Veröffentlichung von über 50 Büchern weit über die Landesgrenzen hinaus Berühmtheit erlangt. Die Summe von gut 20 Büchern, die alleine über ihn selbst veröffentlicht wurden, spricht zudem eine eindeutige Sprache.
Am bekanntesten sind seine Fotografien alltäglicher Klischees, die oft geschmackliche Entgleisungen zeigen, oder aber auch Motive, die das Hässliche hervorheben, ohne damit Szenen oder Protagonisten bloßzustellen. Seine Fotografien zeichnen oft eine grelle Farbigkeit aus, die ihre Motive von britischer Alltagskultur typisch überzeichnet. Schwerpunkte seiner Arbeit sind der Massentourismus, prominente Personen und auch das Thema Altern.
Early Works Fotoausstellung
Der fotografische Stil der Farbfotos von Martin Parr ist als provokant zu bezeichnen. Meinem Empfinden nach hat sich diese Ausdrucksform allerdings erst mit seiner Farbfotografie entwickelt. Insofern ist „Early Works“ hochgradig spannend. Es zeigen sich in diesen sehr frühen Schwarzweiß-Belichtungen viel eher sensible, zurückhaltende Ansätze, die eine Schüchternheit zum Ausdruck bringen, die in den späteren Farbfotografien Parrs so nicht mehr zu erkennen ist.
Gut zu erkennen ist seine Ironie, seine humorvolle Sozialkritik, und eben auch der hintergründige Witz, der für Martin Parr durchgängig steht. Für mich ist daher diese Ausstellung ein besonderer Schatz im Portfolio von Martin Parr, zeigt sie doch erstmals in Deutschland überhaupt diese Aufnahmen.
Die gesamte Ausstellung wurde kuratiert von Celina Lunsford, in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler und der Martin Parr Foundation.
Persönliche Eindrücke
Martin Parr, ca. 50 Exponate in Monochrom, es ist ein Genuss! Gerade für Vertreter und Freunde der Street Photography greifen diese frühen Fotografien sehr viel auf von dem, was auch unsere heutigen Ansätze in diesem Genre sind. Die Urbanität, Zeitzeugen, Menschen in alltäglichen Situationen, alles dies mit der Handschrift des jungen Martin Parr, macht „Early Works“ zu einem Kleinod. Die Charakteristik klassischer Analogfotos dieser Ära tut ihr Übriges.
Gewöhnungsbedürftig ist für mich die grüne Gestaltung der Galeriewände. Meiner Betrachtung der Fotografien hat das nicht geholfen, aber das mag mein persönliches Problem sein.
Fazit & Empfehlung
Early Works, Martin Parr, Fotografie Forum Frankfurt, ist eine Reise wert! Erstmals in Deutschland zu sehen, und wer weiß, wann sich diese Gelegenheit erneut bietet, kann ich Ihnen wirklich empfehlen, es sich anzusehen. Die Ausstellungsdauer ist 13.09.2024 – 15.01.2025. Führungen mit den Kuratorinnen Celina Lunsford oder Andrea Horvay findet statt jeweils dienstags, 29.10, 26.11., 15:00h. Öffentliche Führungen werden jeweils mittwochs um 17:00h angeboten.
Wer von Martin Parr mit Early Works nicht genug bekommen kann, hat die tolle Gelegenheit, in Frankfurt gleich zur nächsten Ausstellung von Martin Parr zu gehen! Parallel zum Fotografie-Forum Frankfurt zeigt nämlich die LEICA Galerie Frankfurt eine Auswahl seiner Farbfotografien. Die Ausstellungen ergänzen sich zu einem ausführlichen Überblick über das gesamte, fotografische Schaffen von Martin Parr. Die Leica Galerie stellt Parr aus vom 14.09.2024 – 05.01.2025.
Fotografie Forum Frankfurt
Das Fotografie-Forum Frankfurt (FFF) ist eine der führenden unabhängigen Zentren für Fotografie in Europa. Seit seiner Gründung 1984 fördert das FFF alle Aspekte der Fotografie und bietet so eine Plattform für die visuelle Erforschung und den konstruktiven Dialog. Mit einem breit gefächerten Programm von Ausstellungen, Publikationen, Workshops, Vorträgen und Symposien werden die sich ständig weiterentwickelnden Interpretationen des Mediums Fotografie beleuchtet.
Pro Jahr zeigt das FFF vier bis sechs Ausstellungen – zu zeitgenössischen oder historisch bedeutenden Positionen der fotografischen Kunst, von international bedeutenden Einzelkünstlern, viele davon Ikonen der Fotografiegeschichte, Gruppenausstellungen, Neuentdeckungen und Talente. Die Akademie des Fotografie-Forum Frankfurt ermöglicht intensives Experimentieren und Lernen mit international exzeptionellen Fotografinnen und Fotografen sowie medienbezogenen Spezialisten. Das FFF ist eine gemeinnützige Organisation und finanziert sich durch seine Mitglieder, Eintrittspreise, den Verkauf von Büchern und Fotografien, die Stadt Frankfurt und externe Sponsoren. Prof. Celina Lunsford ist die künstlerische Leiterin und Sabine Seitz die Geschäftsführerin.
Enden möchte ich mit einem Zitat von Martin Parr: „Solange es nicht wehtut, solange es keine Verletzlichkeit gibt, wird man keine guten Fotografien bekommen“.
In diesem Sinne, und herzlichen Dank für ihr Interesse!
Dirk Trampedach
Fotoausstellung vom 13. September 2024 bis zum 05. Januar 2025
Buchtipps Martin Parr
Martin Parr, The Non-Conformists
Martin Parr, From the Pope to a White Flag: Ireland 1979-2019
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Lieber Dirk,
dein Artikel zur Ausstellung von Martin Parr gefällt mir ausnehmend gut. Deine Begeisterung für ihn kommt bei mir absolut an. Ja, die grüne Wand ist schon merkwürdig, das finde ich auch.
Die Schwarzweiß -Aufnahmen von Parr sind großartig, subtil, feinfühlig, fast ein wenig ein Gegensatz zu seinen Farbfotografien.
Martin Parr begegnete ich zum ersten Mal vor 40 Jahren in Südengland. Damals war ich überrascht von seiner „nackten“ Draufsicht auf die Menschen, das Bloßstellen der Konsumgsellschaft, damals ein wenig verstörend wirkend auf mich. Erst später verstand und lernte ich seine besondere Art der Sicht und das Enttarnen der Handlungen von Menschen lieben. Vor acht Jahren besuchte ich mit meinen Schülern eine Ausstellung von Martin Parr in München. Alle waren beeindruckt, mich eingeschlossen. Seine Fotos hinterlassen bei mir eine nachhaltige Wirkung, zum Teil auch eine wohlwollende Sicht auf das so überaus Menschliche, das er abbildet(e).
Wenn es mir irgendwie möglich sein sollte, werde ich nach Frankfurt fahren und die Ausstellung(en) genießen. Und dich natürlich vorher kontaktieren.
Vielen lieben Dank für deine wunderbaren Fotos und deinen Artikel.
Herzliche Grüße
Ingrid
Liebe Ingrid,
hab Dank für deinen ausführlichen Kommentar! Martin Parr, 40 Jahre her, Südengland, und immer noch ist sein Name und die Fotografie präsent, Chapeau!
Ja, solltest du nach Frankfurt fahren, bitte melden… ;-)