iPhone Fotos sind sehr beliebt. Die Profis lächeln noch über die Smartphone Fotografie, während die Anwender das iPhone bei Flickr zur Nummer Eins vor Canon und Nikon machen. Das Pro und Contra der iPhone Fotografie haben wieder die Redakteure Ulrich Schifferings und Peter Roskothen übernommen:
Inhaltsverzeichnis
iPhone Fotos * Pro und Contra
OK, Peter, mal ehrlich: Smartphones als vollständiger Ersatz für einen Fotoapparat? Nein, nicht wirklich!
Ja, es gibt zwei Punkte, bei denen Smartphones unschlagbar gut sind. Sie sind immer dabei und wiegen nichts. Damit ist es dann aber auch schon vorbei.
Um objektiv zu bleiben, ich habe einen Bekannten, Michael Koch, der nur mit dem iPhone fotografiert und ja, seine Bilder sind richtig gut. Wer staunen möchte, möge mal hier gucken >>. Ich sage also keineswegs, dass man mit dem iPhone nicht tolle Fotos machen kann.
Auch ich mache bei Gelegenheit das eine oder andere iPhone Foto. Ich würde aber nie auf die Idee kommen meine Kamera bewusst zu Hause zu lassen um nur mit meinem Smartphone zu fotografieren.
Ja, die Kameras in Smartphones sind in den letzten Jahren deutlich besser geworden. Dennoch benötigen Sie immer noch vergleichsweise viel Licht um rauschfreie Aufnahmen zu ermöglichen. Je schwieriger die Lichtverhältnisse werden, desto problematischer.
Je kontrastärmer die Motive, desto eher die Wahrscheinlichkeit, dass das Bild unscharf wird.
Personen oder Gegenstände in rascher Bewegung ? Mitunter sehr problematisch.
Das Objektiv (z.B. im iPhone 6) entspricht 29 Millimeter Brennweite (Kleinbildäquivalent). Zoomen geht nur digital – und damit für mich gar nicht. Digitales Zoomen bedeutet einen Ausschnitt des Bildes nehmen und die (fehlenden) Pixel zu interpolieren. Damit ist die Qualität des Bildes deutlich schlechter als bei optischen Zooms.
Eine Blende hat ein Smartphone auch nicht. Eines der wichtigsten Gestaltungsmittel in der Fotografie fehlt. Die Schärfe des Hintergrunds bewusst beeinflussen? Fehlanzeige.
Und der Accu ? Wie viele Bilder schafft denn ein Smartphone, bevor der Accu die weiße Fahne schwenkt? Bei normalem, gelegentlichem Gebrauch hält mein Accu gerade so den Tag durch. Bei Verwendung der Kamera ist wesentlich schneller Schluss. Willst Du dann mit einem Powerpack am Kabel in der Hand weiter fotografieren? Dafür ist dann auch Ruhe vor SMS, WhatsApp, Mails, Anrufen und Co.
Ganz nebenbei, wie viel Speicherplatz hat denn der durchschnittliche Smartphone Besitzer auf dem Gerät bewusst für Fotos freigelassen und nicht mit irgendwelchen Apps belegt? Wenn voll, dann voll, oder ? Ein Wechsel der vollen Speicherkarte oder des leeren Accus ist bei einem iPhone jedenfalls nicht vorgesehen. Im Zweifel fehlt dann halt mal ein halber Urlaubstag.
Und Filter? Wer richtig gute Landschaftsfotos machen möchte, sollte über Graufilter zumindest mal nachdenken. Wo willst Du die denn am iPhone befestigen? Elektronisch emulieren? Na ja!
Wie steht es um Blitzlichtfotografie? Der eingebaute Blitz kommt zwangsläufig immer frontal von vorne und reicht ganz bestimmt mindestens einen Meter weit. Das macht nicht wirklich Spaß, oder!
Inzwischen gibt es bei einigen Apps zumindest die Möglichkeit ISO und Weißabgleich sowie Fokuspunkt und Belichtungsmesspunkt getrennt zu setzen.
Je nach App sind hier mehr oder weniger Möglichkeiten verfügbar sowie mehr oder weniger gut / schnell erreichbar. Wenn ich erst durch diverse Menüs muss um eine Einstellung zu ändern, ist mein Motiv im Zweifel bereits weg.
Wie immer kommt es darauf an, was man wirklich will. Wichtig ist, die technologischen Grenzen von Smartphones zu kennen und nicht zu versuchen, sie für etwas zu verwenden, was sie definitiv nicht leisten können. Richtig eingesetzt können tolle Fotos mit dem iPhone entstehen. Daraus eine Philosophie zu machen und sie als generellen Ersatz für ‚klassische‘ Fotoapparate zu sehen halte ich für Unsinn.
Die iPhone Fotografie ist nicht mehr weg zu denken. Warum hat sie sich so schnell verbreitet? Vermutlich ist einer der Gründe, dass man das schicke Smartphone immer dabei hat und Bilder sofort teilen kann. Dabei ist die Kamera nicht billig.
Jaja, Ulrich, ich kann mir denken, was du schreibst: Die Spiegelreflex ist die einzige Art Fotos richtig gut zu belichten. Damit kann man einfach besser fotografieren. Ich denke das ist falsch:
Die Fotografie mit dem iPhone ist fantastisch unkompliziert. Zwar kann ich weder Blende noch Brennweite wählen, muss also ständig vor und zurück gehen, um ein Bild zu gestalten, aber das war doch auch in analogen Zeiten kaum anders. Zoomobjektive verführen doch nur zu falschen Brennweiten, damit ich mich nicht bewegen muss! :-)
Immerhin gibt es fantastische Apps für das iPhone, die die native Kamera ersetzen und mir als Fotograf viele Möglichkeiten lassen. Nur wenigen Nutzern sind die umfangreichen Möglichkeiten der Apple Kamera bekannt. Ich nutze sie intensiv. Aber man muss das nicht. Auch die interne App ist klasse und hat viele Möglichkeiten.
Mir macht es unendlichen Spaß die App Hipstamatic zu verwenden und die Fotos sofort bei Instagram einzustellen oder an Freunde zu versenden. Eine gute Flasche Wein kann ich mir mit der Überalldabeikamera sofort merken, genauso wie ein Ersatzteil fotografieren. Im Notfall hilft die Handykamera sogar Nummernschilder zu merken oder Verbrechen aufzuklären.
Schöne Momente kann ich mit den wichtigsten Freunden und Verwandten sofort teilen und mich darüber austauschen. So verschicke ich schnell mal ein Foto aus dem Urlaub und alle freuen sich darüber!
Ich kann mit dem Handy sofort einen Barcode lesen und Informationen zu Produkten oder Firmen erhalten.
Warum eine schwere Spiegelreflexkamera mitnehmen, wenn ich doch das Handy sowieso immer dabei habe? Gut, bestimmte Aufnahmen wie Portraits lassen sich (noch) nicht so schön belichten, zugegeben, Ulrich. Aber die Vorteile überwiegen.
Gerne würde ich mal eine Hochzeit nur mit dem iPhone fotografieren und zeigen, was damit möglich ist. Kaum einer nimmt an, dass gute Küche mit jedem Kochtopf möglich ist, vorausgesetzt man hat Know-how und Spaß an der Freude.
Bei meinen iPhone Fotokursen bemerke ich, welchen Spaß die Menschen an dem Handy haben und wie schnell sie auch deshalb die Fotografie erlernen. Besonders die Fotografie vom Stativ macht aus so manchem Fotoeinsteiger einen sehr guten Fotoamateur mit dem Blick für Bildgestaltung.
Was noch für diese Art der Fotografie spricht, ist die Einfachheit der Bedienung. Keine tausend Knöpfe und Elemente, sondern ein Knopf für alles. So kann ich mich auf die Fotografie konzentrieren und muss nicht lange rumfummeln. Und ich kann die Kamera leicht in die Hosentasche stecken. Probieren Sie das mal mit einer Spiegelreflex!
Wenn ich zusammenfassend Argument für iPhone Fotos geben soll, dann weil das Foto sofort versandt werden kann, ich das Handy immer dabei habe und die Fotografie damit sehr viel Spaß bereitet. Was will man mehr?
Anmerkung * Pro und Contra
Zu unserem Projekt „*fotowissen Pro und Contra„: Dies neue Idee für *fotowissen Leser aus dem Jahr 2016. Wir Autoren hatten uns zusammen gesetzt und uns überlegt, dass diese Idee für Sie als Einsteiger in die Fotografie, ambitioniertem Fotoamateur oder Fotograf interessant sein könnte. Die beiden Streithähne von Pro und Contra vertreten immer gegensätzliche Meinungen. Übrigens kennt keiner die Meinung des anderen im Vorhinein. Beide stellen ihre Meinung im Artikel ein, ohne die andere Meinung vorab zu kennen.
Ihre eigene Meinung zu dem Thema würde uns besonders interessieren. Diese können Sie unter dem Artikel in der Kommentarfunktion schreiben. Wir würden uns sehr freuen!
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Kurz zu meiner Person: Mein Name ist Michael Koch, Herr Schifferings hat mich in seinem Beitrag erwähnt. Ich fotografiere seit über 30 Jahren (mit Unterbrechungen), früher Spiegelreflex mit Film, dann Kompakt mit Film, dann DSLR. Und seit knapp 5 Jahren fotografiere ich nur noch mit dem Handy, zur Zeit ein iPhone 6s Plus. Ich bin ein Hobbyfotograf, der nur knipst wenn es sich gerade anbietet, also eher faul. Normalerweise tummle ich mich nicht in Fotoforen oder Fotoblogs. Oft dreht es sich dort um die Ausrüstung und die Art von Bildern, die die Qualität der Ausrüstung präsentieren sollen. Handys kommen da nicht vor oder höchstens als Alibi-Unterforum mit 5 Beiträgen pro Monat. Es gibt aber zum Glück ein sehr reges englisches Forum, dass sich ausschließlich mit Mobil-Fotografie beschäftigt, in dem ich regelmäßig lese und schreibe. Wer dort mal reinschauen möchte, hier der Link: mobitog.com/ (MobiTog leitet sich ab von dem englischen Kunstwort „Mobitography“)
Ich bin auf die Seite Fotowissen.eu aufmerksam geworden durch Ulrich Schifferings, wir haben den selben Arbeitgeber und kennen uns privat. Und ich wurde „gewarnt“, dass ein Artikel erscheint, der mein Interesse wecken würde. :) Daher möchte ich gerne Anmerkungen machen aus der Sicht von jemanden, der schon länger nur mit Handys fotografiert.
Ich erkenne in den Pro- und Kontra-Kommentaren die Denkweise, die bei vielen Menschen offenbar zum Thema Handyfotografie besteht. Herr Schifferings macht sich hauptsächlich um technische Details Sorgen wie Rauschen, Blende usw. Herr Roskothen führt in seinen Beispielen als Pro-Sprecher leider viele typische Situationen auf, die meiner Meinung nach die Handyfotografie in dem schlechten Licht stehen lassen, in dem sie in vielen Köpfen ist. Weinflasche als Einkaufszettel knipsen, Unfallbilder usw. Aus meiner Sicht sind das ebenfalls Beispiele für die Kontraseite. Ja wie jetzt, zu mehr soll ein Handy nicht taugen? Einspruch!
Es wird leider nie ernsthaft in Erwägung gezogen, ausschließlich mit dem Handy zu fotografieren. Oder es wird darüber geredet aber es macht dann doch keiner. Wobei die Wahl der Kamera für die künstlerische Qualität der Bilder meiner Ansicht nach ziemlich gleichgültig ist. Natürlich können Handys technisch nicht mit Kameras mithalten und gewisse Dinge gehen damit gar nicht. Das hat Herr Schifferings ja auch gut und richtig dargestellt.
Ich sage nur folgendes: Wo bleibt denn da die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Motiv?
Ich fände es gut, wenn mal ein frischer und unvoreingenommener Blick auf die Fotografie im allgemeinen geworfen wird. So ganz ohne gleich wieder die Technik vorzuschieben. „Fotografie“ wird oft mit „Kamera“ gleichgesetzt. Kamera-Fotografen reden mir dabei viel zu oft über Technik, als wäre sie das allein selig machende und ein Garant für ein gelungenes Foto. Und Handys sind zum knipsen und DSLRs zum fotografieren. Ja nee ist klar. Wenn zwei Fotografen, einer mit DSLR und einer mit Handy vor dem selben Sonnenuntergang stehen, in die selbe Richtung zielen und im selben Moment ein Bild machen, erhalten beide das gleiche Foto. In Hinblick auf Ausdruck, Atmosphäre, Stil, Komposition und Thema sehe ich da überhaupt keinen Unterschied. Beide haben sich Gedanken über den Zeitpunkt gemacht, über den Bildausschnitt, Verschlusszeit, ISO (ja das kann auch ein Handy manuell steuern wenn man will) usw. Natürlich sind technische Unterschiede da, was sicher niemand bestreitet. Rauschverhalten, Schärfe, Farbtreue usw. Aber, machen diese rein technischen Kriterien ein Bild aus? Nein! Ich denke nicht. Ein schönes Motiv ist ein schönes Motiv.
Das sind für mich die wesentlichen Faktoren für ein gutes Bild: Thema, Aussage, Komposition und Licht. Es kommen aber in meiner Definition bewusst keine Begriffe vor wie „Hosentaschenfähig“, „EMail-Versand“, „Rauschfreiheit“ oder „Schärfe“. Solche Dinge wurden ja im Artikel unter anderem für Pro bzw. Kontra genannt, sind für mich aber eher unbedeutend.
Die technischen Einschränkungen einer Handykamera muss man kennen, sie für sich Nutzen. Manche reizt es ja gerade, mit den gewissen technischen Einschränkungen zu fotografieren. Und andere reizt es, die verschiedenen Kamera- und Bearbeitungs-Apps auf dem Handy auszuprobieren. Bei Herrn Roskothen klang das schon an: Handys können sehr gut als Einstieg in die Fotografie verwendet werden. Fast jeder hat bereits ein fotofähiges Gerät. Und man kann viele Aspekte der Fotografie quasi für lau ausprobieren, mal von Blende und verschiedenen Brennweiten abgesehen. Es muss wohl erst die Hemmschwelle überwunden werden. Dieses Dogma, dass man eine „richtige“ Kamera braucht um Fotografie zu lernen und zu praktizieren. Alles Quark, es braucht nur ein gutes geschultes Auge und Praxis.
Ich habe über die Jahre den Eindruck gewonnen (mag mich täuschen), DSLR Fotografen wollen immer alles, sind sehr ernst und verbissen wenn es um ihre Fotos geht. Für jede Foto-Situation müssen sie das passende Werkzeug dabei haben. Immer gerüstet sein. Es darf keine Situation geben, die man nicht fotografieren kann. Und es muss natürlich bitte immer knackscharf und rauschfrei sein. Also ich finde ja, man kann sich auch unnötig hohe Standards setzen, je höher die sind, um so wahrscheinlicher kann man sie nicht einhalten und dann ärgert man sich. Ich rede von Hobby, bei Berufsfotografen ist das sicher ganz anders.
Ich finde es gar nicht schlimm, in bestimmten Situationen keine Bilder machen zu können. Ich muss nicht alles und jeden fotografieren. Wenn das Zoomobjektiv oder der Graufilter gebraucht würde, was am Handy (vielleicht noch) nicht geht, dann geht es eben nicht. Das, was mich an Bildern fasziniert, kann ich sehr gut mit dem Handy realisieren. Und ich habe schon genug knackscharfes, rauschfreies aber total banales Geknipse von DSLR-Fotografen gesehen, da reißt die Technik allein nichts raus. Da sollte man vielleicht erstmal mit dem Handy üben, das kostet nichts (weil meistens eh da). Und bei Erfolg, warum nicht dabei bleiben?
Ich möchte nur, dass die Leute das Wesen der Fotografie erkennen, die künstlerische Seite. Und sich nicht ständig Gedanken um die blöde Technik machen.
In diesem Sinne,
Michael Koch
Danke Herr Koch für den sehr ausführlichen und treffenden Kommentar!