„Broken Faces“, Scherenschnitt trifft Fotografie! – Eine eigene Ausstellung? Warum, wo, und wie macht man das? Welche Umstände gilt es zu beachten? Welche Kriterien spielen bei der Wahl der Exponate in Gemeinschaftsausstellungen eine Rolle? Und die Hängung? Wie findet sich die optimale Variante?
Allen diesen Fragen zu unserer Gemeinschaftsausstellung „Broken Faces“ haben wir – Ursula Hübsch und ich – uns gestellt. Wir haben unsere individuellen Lösungen gefunden, die ich Ihnen, liebe Fotobegeisterte, in diesem Beitrag vorstellen möchte. Bitte verstehen Sie es als Idee, Anregung, oder Vergleichsmöglichkeit zu dem, was Sie vielleicht selbst vorhaben und planen.
Über Ihren Kommentar dazu freuen wir uns alle, freundlichen Dank dafür!
Eigene Ausstellung am Beispiel „Broken Faces“
Wir kennen das sicher alle – rundherum finden tolle Aktionen und Ausstellungen statt. Doch wir selbst erleben uns eher ideenlos und wissen mit unserer Fotografie gar nicht so recht weiter. Ich kann Sie beruhigen, das geht mir auch so. Trotz einiger Publikationen verschiedener Art ist es wie beim Sport: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“.
Bei mir hängt vieles an dem kleinen Satz „Lasst die Bilder frei“, den wir hier bei *Fotowissen.eu, einem Mantra gleich, herunterbeten. Denn ja, es ist sicherlich eine Frage der Mentalität, in die Öffentlichkeit zu gehen, oder nicht. Bei mir ist es so, dass ich es „im Blick“ habe. Ich sehe Dinge, und recht schnell folgen Ideen, etwas damit zu machen. Dieses „etwas“ ist sehr häufig öffentlich gedacht.
„Broken Faces“ nahm seinen Anfang, als meine Frau abends heim kam, und mir von einer Klientin erzählte, die Scherenschnitt-Arbeiten anfertigt. Puh…Scherenschnitt…meine leicht nach hinten verdrehten Augen bemerkend, zeigte sie mir am Smartphone Fotos, die sie dort in der Wohnung gemacht hatte. Es war elektrisierend!
Mir schossen sofort Ideen durch den Kopf, dem eine Verabredung mit Frau Hübsch folgte. Kurzum, sie hat sich überzeugen lassen. Alles, was dem bis heute folgte, wäre Stoff für 1–3 Artikel, doch es geht mir dieses Mal um etwas anderes.
Gelegenheiten existieren schon – wir müssen sie nicht mehr erfinden, sondern finden!
Ich möchte damit verdeutlichen, dass wir nicht die Gelegenheiten erfinden müssen. Sie sind da, tagtäglich, rundherum. Was es braucht, ist eine erfinderische Routine. Sie ähnelt dem geschulten Blick, den wir uns über Jahre zum Fotografieren aneignen. Für ein gutes Foto braucht es den geschulten Blick für gute Fotos. Zu Ausstellungen braucht es das permanente Bewusstsein für das potenzielle Vorhandensein von Themen und Möglichkeiten.
Auswahlkriterien der Exponate
Scherenschnitt vs. Schwarz-Weiß-Fotos, das spricht mich an! Streng genommen, geht Scherenschnitt als Medium des Portraitierens der Fotografie voraus. Dass das auch abstrakt funktioniert, zeigen die außerordentlichen Serien, denen Frau Hübsch den Namen „Broken Faces“ gegeben hat. Für mich war schnell klar, dass das auch das Thema der Ausstellung sein kann.
Zu finden sind daher in der Ausstellung großformatige Portraits, die ich von Frau Hübsch während ihrer Schneidetätigkeiten anfertigen durfte. Außerdem vervollständigen Street-Fotografien von mir die Ausstellung, die im übergeordneten Sinne dem Titel „Broken Faces“ dienen, also deutlich ins Genre Portrait tendieren. Um Kriterien für unsere Ausstellung festlegen zu können, haben Frau Hübsch und ich den roten Faden festgelegt, und um alle Belange gesponnen, die mit der Ausstellung zu tun haben. Schwarz-Weiß, Kontraste, Broken Faces.
Der “rote Faden” unserer Fotografie zieht sich bis in die Präsentationen hinein.
Die Hängung
Die Hängung, für mich eine echte Herausforderung! Wie fängt man an, ein gutes System zu entwickeln? Wichtig dabei war uns die Ausgewogenheit der Verhältnisse. Der große Ausstellungsraum der Kulturkirche Silberg bot uns dazu 3 Wände. 3 Wände, die sich ähnlich 3 Rubriken nutzen lassen. So gibt es eine Wand, an dem eine 16-teilige Serie an Scherenschnitten hängt, jeweils nach 4 Exponaten unterbrochen durch ein großformatiges Portrait, das Frau Hübsch bei ihrer Arbeit zeigt. Eine weitere Wand zeigt ausschließlich Scherenschnitte, u.a. auch die große Serie „Broken Faces“. An den verbleibenden Flächen hängen ausschließlich Street-Fotografien.
So unterschiedlich die Aufteilungen an den 3 Wänden auch ist, blieb nichts dem Zufall überlassen. In ihrer Unterschiedlichkeit bringen die 3 Hängungen jeweils zum Ausdruck, was uns dazu wichtig ist. Es gibt wohl immer eine ganz bestimmte Form-Sprache, die alles Wichtige ausdrückt.
Alle Höhen, Abstände, Mengen, Zuordnungen, das saubere Hängen in Lot + Waage, alle Aspekte wurden dazu von uns detailliert besprochen, umgesetzt, verworfen, korrigiert, und final in eine Fassung gebracht, die das zum Ausdruck bringt, was unseren Wünschen, der Wirkung betreffend, entspricht.
Netzwerk
Was wäre eine Ausstellung ohne Resonanz? Wir können noch so sauber und penibel planen und vorbereiten. Die Möglichkeit besteht immer, dass viel weniger Interesse und Wirkung ausgelöst wird, als wir es uns wünschen.
Für den bisherigen Verlauf von Broken Faces kann ich eine äußerst positive Zwischenbilanz ziehen. Nachdem gut 220 Gäste bei der Auftaktveranstaltung anwesend waren, bleiben auch im weiteren Verlauf die Besucherzahlen angenehm hoch. Nicht zu vergessen dabei: Der Ort Silberg liegt weitab von Städten, fast schon verschlafen im Sauerland. Laufkundschaft gibt es keine, wer uns sehen möchte, muss mindestens 20-30 Autominuten aufbringen, um dorthin zu gelangen.
Zum Glück gehört die Kulturkirche in den Rahmen rund um das „Kulturgut Schrabbenhof“, welches von Ulrike Wesely und ihrem Team betrieben wird, und weit über die Grenzen hinaus in Kunst & Kultur bekannt und etabliert ist. Diese vorhandenen Strukturen, wie auch ein längerer Kontakt, den ich zum Schrabbenhof pflege, sind große Indikatoren dafür, dort bedenkenlos auszustellen.
Die Betreuung, Vorbereitung und Begleitung im Projekt sind die erste Klasse. Im Hinblick auf eine erfolgreiche Ausstellung ist das wichtig und unerlässlich.
Kontakte und Gespräche
Es gibt Veranstaltungen, die haben rückwirkend betrachtet den Status eines „Familientreffens“ behalten. Die Familie war vollzählig da, Freunde haben hineingeschaut, vielleicht noch der Nachbar oder eine Kollegin. Mit Broken Faces ist es uns gelungen, über den Tellerrand zu agieren. Viele unbekannte Personen sind bislang gekommen, die interessiert an der Ausstellung und uns Ausstellenden waren. Es ist gut und wichtig, unsere eigenen Leidenschaften und Intentionen unmittelbar an den sichtbaren Resultaten auszuformulieren. Denn für genau diese Gelegenheiten, es 1zu1 weiterzugeben, sind Ausstellungen da!
Werbung
Durch Kontakte und Gespräche bewirken wir etwas. Nötig dafür ist eine effiziente Werbung. Das setzt voraus, wirklich exakt zu schauen, welche Kreise mit welchen Mitteln angesprochen werden können, und an welcher Stelle das überhaupt Sinn ergibt! Nur zu denken, „wer kommt, der kommt“, reicht nicht.
„Tue Gutes und rede darüber“?
Kennen Sie diesen Satz? Goethe wird er zugeschrieben, doch es ist auch der Titel des Buches „Tue Gutes und rede darüber. Public Relations für die Wirtschaft“. Es wurde 1961 zur Zeit des deutschen Wirtschaftswunders von Georg-Volkmar Graf Zedtwitz-Arnim verfasst, der damals Kommunikationschef bei BASF war. Seiner Auffassung nach war es Aufgabe der PR, also der Werbung (und damit einer öffentlichen Präsentation) das Bild, das Image des Unternehmens, so zu formen, dass es Akzeptanz auslöst. Gutes tun und darüber reden steht letztlich für eine Haltung, die es ermöglicht, in der Öffentlichkeit akzeptabel und sympathiefähig zu werden und zu bleiben.
Diese Idee finde ich als Grundgedanken lohnend, um die eigenen Pressetexte zu formulieren, um visuelle und schriftliche Werbung zu kreieren, und um Personen persönlich mitzuteilen, was wir da eigentlich machen, und warum! Das ist es. Interesse wecken, Sympathie und Akzeptanz auslösen, und den großen Kreis von Werbung-Ausstellung-Kontakte-Netzwerk um die eigene Passion herum schließen, das ist es.
Präsentieren lebt von Präsenz!
Präsenz und Verantwortung
Wir müssen uns ansprechbar machen. Es muss möglich sein, mit uns ohne Umstand in Kontakt zu treten. Wir müssen uns sichtbar machen, und „für das stehen“, was wir nach außen tragen. Alles das bedeutet für Frau Hübsch und mich, vor Ort zu sein, und zwar wann immer es uns möglich ist. Öffnungszeiten sind ja mittwochs und sonntags, jeweils von 15:00h – 17:00h, und wir sind jeden Sonntag vor Ort!
Die wunderbaren Kontakte und Gespräche, die bislang erfolgten, sprechen eine eindeutige Sprache. Die eigene Präsenz in der eigenen Ausstellung ist richtig und wichtig.
Motivation
Ausstellungen motivieren, vorausgesetzt, sie sind motivierend! Für mich kann ich sagen, dass ich immer mit dem Gefühl in eine neue Sache gehe, mit dem ich die vergangene Sache abgeschlossen habe. Das veranlasst mich, meine Sache möglichst zufriedenstellend zu tun. Broken Faces ist gelungen, das ist jetzt schon klar. Entsprechend motiviert schauen Frau Hübsch und ich auf die Ausstellung, und auf alles, was daraus resultiert.
Aber auch für die Gäste und Besucher gilt das. Wer mit bräsigem Missmut aus einer Ausstellung kommt, überlegt sich sicher gut, eine weitere zu besuchen. Zugespitzt gilt das sicher auch für Fotobegeisterte, die überlegen, selbst etwas auszustellen. Solche Leute suchen Anregungen, Motivation, und bestenfalls positive Vorbilder. Mit einer eigenen Ausstellung nehmen wir daher auch Verantwortung wahr dafür, wie die Fotografie (Kunst & Kultur) gesellschaftlich angesehen und eingeordnet wird. Damit wären wir wieder bei „Tue Gutes und rede darüber“.
Zum guten Schluss
Die 99 Gründe, etwas zu lassen, oder erst gar nicht zu versuchen, die kennen wir alle. Den einen Grund, es doch zu tun, den gilt es zu entdecken. Wenn wir genau hinschauen, beeindrucken uns ja nicht unbedingt die Dinge, die Menschen erreichen, sondern viel eher das, was sie wagen.
Alle Ausstellungen sind Wagnisse. „Broken Faces“, wie auch Ausstellungen, die Sie planen und durchführen, sind Wagnisse. Wir können nur sehr bedingt vorhersehen, wie die Sache ausgeht. Was wir aber können, ist, es bestmöglich zu versuchen.
Es gibt Altenheime und Krankenhäuser, die in ihren Gesellschaftsräumen und Cafés Raum bieten für Ausstellungen und/oder Veranstaltungen. Manche Firmen und Behörden sind dies bzgl. offen, Anfragen auch dort gerne platzieren. Und nichts geht über Mund-zu-Mund! Überall erzählen, was wir vorhaben, was wir machen, was vielleicht schon als Referenz herhalten mag. Auch das fällt ganz klar in den positiven Wirkungskreis von „Tue Gutes und rede darüber“.
Also, nichts wie los, ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Freude dabei!
Herzliche Grüße
Ihr Dirk Trampedach
P.S.: “Broken Faces” läuft nach wie vor, Sie sind herzlich eingeladen.
Ausstellung “BROKEN FACES” – Scherenschnitt trifft Fotografie!
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Hallo Herr Trampedach,
Ihren Text verstehe ich auch als Aufforderung bzw. Ermunterung an Fotografen/Künstler, sich um Ausstellungsmöglichkeiten zu bemühen. Ausstellungen sind immer eine schöne Sache, die ich auch jedem empfehlen möchte, doch gerade für diesbezüglich Unerfahrene gibt es den einen oder anderen Fallstrick zu beachten.
Deshalb möchte ich Ihrem Text ein paar organisatorische Hinweise hinzufügen, die vielleicht für den einen oder anderen, der durch Sie auf den Geschmack gekommen ist, nützlich sein können. Die Hinweise richten sich hauptsächlich an Fotografen/Künstler, die bisher noch nicht oder wenig ausgestellt haben.
Die folgenden Ausführungen sind also weniger als Kommentar zu Ihrem Text gedacht, sondern sollen diesen konstruktiv ergänzen. Das es zu Überschneidungen mit Ihrem Text kommen kann ist unvermeidlich :-)
Meine Anmerkungen können einerseits nicht vollständig sein, andererseits sind natürlich nicht alle aufgeführten Punkte für jeden Interessenten relevant. Mancher wird manches auch für völlig unnötig oder selbstverständlich halten.
Und, wichtig: Sie schreiben, es gibt immer 99 Gründe dagegen. Mein Beitrag ist nicht dazu gedacht Gründe dagegen zu finden, und keinesfalls will ich jemandem die Lust auf eine eigene Ausstellung nehmen, ganz im Gegenteil. Jede Ausstellung ist ein Höhepunkt des Schaffens, aber es soll nach der Euphorie keinen Kater geben.
Also, liebe Ausstellungswillige: Packen Sie jede Möglichkeit beim Schopf! Aber überlegen und klären Sie vorher was auf Sie zukommt, damit Sie nicht unnötig Lehrgeld zahlen.
Die Anmerkungen sind etwas umfangreicher geraten als gedacht. Aber wenn man mal dabei ist…
1) Exponate/Auswahlkriterien
Der erste und vielleicht schwierigste Punkt. Schwierig, weil es ein sehr persönliches Thema ist. Natürlich können Sie andere um Rat fragen, aber Sie sollten immer die Arbeiten ausstellen, die Sie selbst für Ihre besten halten, auch wenn andere anderer Meinung sind und andere Bilder auswählen würden. Am Ende zählt nur Ihre eigene Einschätzung, Sie sind die letzte Instanz, es ist Ihre Präsentation und Sie sollen sich selbst und nicht die Meinung anderer zeigen.
Auch wenn Sie mit einer Gruppe ausstellen sollten Sie diesen Grundsatz beherzigen und sich nicht an den Bildern Ihrer Kollegen orientieren (außer es liegt ein gemeinsames Konzept bzw. Thema für die Ausstellung vor).
Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Sehr großformatige Fotos von Bruce Gilden könnten ohne weiteres neben sehr kleinformatigen Blumenfotos oder auch -aquarellen hängen. Weder Bruce Gilden noch der Schöpfer der Blumenbilder würden sich vorab in ihrer persönlichen Bildauswahl nach dem jeweils anderen richten, und die Arbeiten würden sich dennoch gegenseitig in ihrer Wirkung nicht stören, sondern verstärken.
Selbst bei Ausstellungsentstehungen wie hier von Herrn Trampedach geschildert bleibt der Grundsatz der Eigenauswahl erst mal unberührt. Sich nach der Auswahl der eigenen Bilder bei der Hängung abzustimmen ist selbstverständlich und hat damit nichts zu tun. Es kann dabei gelegentlich auch zur Auswechslung einzelner Exponate kommen, wenn dadurch spannende Wechselwirkungen entstehen.
2) Die Hängung
Versuchen Sie vorhandenen Räumlichkeiten zu nutzen und sich darauf zu beschränken. Häufig angebotene Stellwände -im Innenraum kreuz und quer verteilt- sind immer ein schlechter Kompromiss. Sie helfen zwar, die vorhandene Hängefläche zu vergrößern (und damit die Anzahl der ausgestellten Exponate zu erhöhen), zerstören allerdings in der Regel den Raum und die Stimmigkeit der Ausstellung. Speziell in historischen Räumen -auch Kirchen- kann diese Stimmigkeit essentiell sein. Nutzen Sie den „Genius loci“, den Geist des Ortes, schon bei der ersten Besichtigung. Sie müssen sich deshalb von niemandem belächeln lassen, Sie sind der Künstler und sonst niemand. Und Sie sind niemandem Rechenschaft schuldig.
3) Vorbereitung
Besuchen Sie so viele Ausstellungen wie möglich, nicht nur Fotoausstellungen. Gehen Sie auch in Museen. Nicht nur beim Fotografieren kann man von Profis lernen.
Achten Sie auf die Hängung, z.B. hinsichtlich der Formate, der farblichen und thematischen Bezüge der Bilder untereinander. Schauen Sie sich die Ausleuchtung an. Kupfern Sie aber um Himmels Willen nicht ab, sondern überlegen Sie, was Sie besonders angesprochen oder beeindruckt hat und vor allem: Warum? Versuchen Sie, die gewonnenen Erkenntnisse für Ihre Zwecken entsprechend umzusetzen, soweit es Ihr Ausstellungsraum zulässt.
Heuer im Frühjahr gab es im Lenbachhaus in München die Ausstellung „Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus und Antifaschismus“ zu sehen: Zwangsläufig ein Sammelsurium an Techniken und Formaten, Bildern und Objekten, aber alles sehr gut arrangiert. Anschließend bin ich in das nur wenige hundert Meter entfernte Amerikahaus gegangen: „Lee Miller Photography“: Das genaue Gegenteil, alle Fotos in gleichen Rahmen in gleicher Größe in einer Linie gehängt; unterschiedliche Formate der ausgestellten Fotos wurden mittels der Passepartouts ausgeglichen (diese Ausstellung läuft noch bis 31. Juli 2025). Beide Arten der Präsentation, obwohl völlig gegensätzlich, waren ihren Themen angemessen und beeindruckend.
Berücksichtigen Sie auch auf die Wandfarbe. In den Museumsbauten der 1980er Jahre gab es nur weiße Wände. Heutzutage -wie auch in den vergangenen Jahrhunderten- hängen/hingen Bilder häufig an farbigen Wänden, auch in Museen. Schauen Sie sich Spielfilme und Krimis an, die in britischen Häusern und Villen spielen. Wenn Sie darauf achten werden Sie merken, dass Weiß für Bilder nicht immer die Hintergrundfarbe erster Wahl sein muss. Wahrscheinlich werden Sie vorgegebene weiße Wände nicht umstreichen können, aber Sie können sich vielleicht bei einzelnen Bildern mit dahinter gehängten farbigen Stoffbahnen behelfen, und sei es schwarz. Möglicherweise ist es auch überlegenswert, den kompletten Raum mittels Stoffbahnen farblich zu verändern. Achten Sie auf Komplimentärkontraste (Orange/Blau, Grün/Rot und Gelb/Violett). Sie werden staunen, wie ein orangefarbiges Exponat vor dunkelblauem Hintergrund optisch förmlich explodieren kann. Sie werden es kaum mehr an eine weiße Wand hängen wollen.
4) Kosten
Ein im Vorfeld gerade von noch unerfahrenen Künstlern gern übersehener, nicht bedachter oder gar verdrängter Punkt. Man möchte ja ausstellen und ist bereit, auch gewisse Unkosten in Kauf zu nehmen.
Man sollte aber schon vorab anfallende Kosten realistisch einschätzen bzw. ermitteln um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Man landet bei Ausstellungen sehr schnell im mittleren bis höheren dreistelligen oder auch vierstelligen Bereich. Wenn womöglich der Gegenwert einer Kamera investiert werden muss sollte einem das vorher klar sein, die Entscheidung FÜR die Ausstellung kann dann ja trotzdem getroffen werden.
Es muss vor verpflichtenden Vereinbarungen unbedingt geklärt werden, welche Kosten Sie selbst tragen müssen und wofür der Eigentümer der Ausstellungsräumlichkeiten aufkommt (im folgenden einfachheitshalber Galerist/Galerie genannt, auch wenn es ein anderer Veranstalter sein kann). Hier gibt es sehr große Unterschiede. Manche Galerien tragen alle Kosten, das ist z.B. bei Firmen, Banken usw. manchmal der Fall, die betrachten Ausstellungen als Werbung und verbuchen die Kosten dementsprechend. Auch mancher Verein/Verband bietet entsprechende Möglichkeiten, auch professionelle Galerien (die dann an evtl. Verkäufen beteiligt werden wollen). Der Gegenpol sind Galerien, bei denen Sie alles selbst bezahlen sollen, und wenn Sie Pech haben auch noch Raummiete dazu.
Also: Alle Kosten ansprechen und klären, wer was bezahlt.
Zu den typischen Kosten einer Ausstellung gehören zumindest (kein Anspruch auf Vollständigkeit, die Gegebenheiten sind je nach Ausstellung unterschiedlich):
– Exponate ausstellungsreif herrichten, also Kauf von Rahmen, Passepartouts und -wenn man es selber nicht kann- Kosten für die Rahmungsarbeit; bei Fotoausstellungen auch die Kosten für gute Abzüge.
– Transport- und Reisekosten hin und zurück; wenn die Ausstellung weiter entfernt stattfindet fallen zusätzlich Hotelkosten an, zumindest für die Zeiten des Aufbaus, der Eröffnung und des Abbaus. Falls Sie Künstlerführungen o.ä. planen kommen noch weitere Übernachtungen dazu, da erreichen Sie in Summe schnell den Preisbereich eines Objektivs.
– Anfertigung/Druck von Einladungskarten und Portokosten für den Versand, auch das wird gerne unterschätzt.
– Anfertigung und Hängung von Plakaten.
– Bewirtungskosten für die Ausstellungseröffnung, z.B. für Getränke, Imbiss, Knabberzeug usw. bei Selbstbedienung (oder mit Hilfe von Freunden), ansonsten ggf. Cateringkosten.
– Musikalische Untermalung bei der Ausstellungseröffnung, also Bezahlung der Musiker, bei Musik vom Band u.U. GEMA. GEMA-Gebühren kann man vermeiden wenn man Musiker verpflichtet und direkt bezahlt, die ausschließlich Eigenkompositionen spielen (vorab klären).
– Mietzahlung für die Ausstellungsräume (auch das wird gelegentlich verlangt).
– Versicherung der Exponate falls erforderlich / gewünscht; bei fotografischen Arbeiten, die bei Verlust vielleicht wieder neu von den Negativen bzw. Dateien geprintet werden können evtl. nicht ganz so wichtig wie bei Unikaten aus Malerei, Grafik usw., wo neben den Rahmen im Fall des Falles auch das Originalwerk weg ist.
– Kosten für die Ausstellungsaufsicht falls Sie diese nicht komplett selber übernehmen wollen oder können (bei weiter entfernten Ausstellungen oft garnicht persönlich machbar).
– Falls Sie Verkäufe beabsichtigen wird vorher geklärt, ob und ggf. welchen Anteil davon die Galerie einbehalten will (wobei sich Mietzahlungen UND Provision ausschließen sollten).
Man kann auch an Gruppenausstellungen mit befreundeten Fotografen/Künstlern denken, wenn einem die selbst zu tragenden Kosten zu hoch sind. Das wird gerne und häufig praktiziert, vor allem, wenn man mit Ausstellungen erst anfängt und auch Erfahrungen sammeln möchte. Nebeneffekt: Sie werden mehr Publikum haben, da jeder Künstler einen eigenen Bekanntenkreis hat.
5) Mögliche Räumlichkeiten
Die genannten Ausstellungsmöglichkeiten in Firmen, Behörden, auch Banken usw. sind -wie oben schon geschrieben- meist ohne zusätzliche Kosten durchführbar. Sie müssen in der Regel lediglich die Exponate anliefern und aufhängen. Die Kosten für Einladungen, Plakate, Bewirtung, Musik am Eröffnungsabend usw. werden häufig von den jeweiligen Firmen übernommen.
Es sollte Ihnen allerdings von vornherein klar sein, dass Ihre Ausstellung im Normalfall nur während der Geschäftsstunden zugänglich ist. Abends und am Wochenende, wenn potentielle Interessenten vielleicht eher Zeit und Lust hätten, ist die Ausstellung geschlossen.
6) Organisatorisches/ Weitere Punkte die bedacht werden sollten
a) Wahl des Ausstellungsortes:
Die Lage der Galerie, d.h. ob der Ausstellungsort gut in einer Stadt erreichbar ist oder etwas abseits auf dem Land liegt, ist für Besucher nicht unbedingt entscheidend. Es kann u.U. wesentlich besser sein, wenn die Galerie einschlägig bekannt ist und einen guten Ruf hat. Die bequeme Erreichbarkeit ist dann eher zweitrangig.
b) Einladung:
Wer lädt wen zur Ausstellungseröffnung ein? Als da wären: Allgemeine Gäste, Laudator, Ehrengäste, Sammler, potentielle Käufer, Presse/Medien usw. Und natürlich Ihre persönlichen, für Sie wichtigen Gäste.
Sogenannte Ehrengäste sind an sich nicht wichtig, aber die Presseberichterstattung im Lokalteil der Medien wird umfangreicher sein wenn bekannte Persönlichkeiten anwesend sind, wodurch mehr Leute auf Ihre Ausstellung aufmerksam werden. Ein weites (und in gewisser Weise auch ungerechtes) Feld, auf das ich nicht näher eingehen will.
Für Berichterstattungen im Feuilleton spielen Art und Anzahl der Gäste keine Rolle. Aber nicht jede Ausstellung landet gleich im Feuilleton.
Falls Sie sich selbst um alle Einladungen kümmern müssen: Lassen Sie sich von der Galerie möglichst eine Liste wichtiger Leute geben, die eine persönliche Einladung erhalten sollten.
Verschicken Sie Einladungskarten -zumindest an wichtige Personen- mit der Post, auch wenn Kosten entstehen. Eine Einladung per E-mail geht gerne unter und ist dann eher sinnlos.
Verschicken Sie die Einladungen nicht zu früh, sonst gerät Ihr Eröffnungsabend wieder in Vergessenheit. 2-3 Wochen vorher reicht völlig aus.
c) Zeitpunkt der Ausstellung:
Achten Sie bei der Planung Ihrer Ausstellung und speziell des Eröffnungsabends auf den Zeitpunkt, das ist wichtiger als manchmal gedacht. Ich war auf einer Ausstellungseröffnung, bei der außer dem Künstler noch sieben Personen anwesend waren: Deutschland hatte es bei einer Fußball-WM oder EM ins Halbfinale geschafft, was bei der Ausstellungsterminierung 4 Monate zuvor nicht bedacht worden war. Vermeiden Sie allgemein Termine, die mit großen Sportveranstaltungen kollidieren. Da diese schon Monate vorher feststehen kann man entsprechend planen.
Versuchen Sie auch herauszufinden, ob am selben Abend in der gleichen Stadt eine weitere Ausstellungseröffnung, womöglich eines schon besser bekannten Künstlers, geplant ist. Auch das kann sich auf Ihren Eröffnungsabend negativ auswirken, zumindest in kleineren Städten.
Ungünstig ist auch eine Eröffnung zum Ferienbeginn. Erstens machen sich potenzielle Eröffnungsbesucher just an dem Tag auf gen Süden, Norden, Westen oder Osten. Außerdem sind sie dann erstmal 14 Tage nicht da und haben nach der Rückkehr aus dem Urlaub vielleicht gerade keine Lust zu Ihrer Ausstellung zu gehen. Und irgendwann ist Ihre Ausstellung dann ohne diese möglichen Besucher zu zu Ende.
d) Wer spricht?
Wer eröffnet die Ausstellung? Wer hält Reden? Künstler, Galerist, Laudator?
e) Berichterstattung:
Falls es die Galerie nicht macht müssen Sie sich auch um die Einladung der Presse und die Presseberichterstattung kümmern. Mancher Lokalredakteure ist vielleicht mit Ihrer Art von Kunst nicht vertraut und dankbar dafür, wenn Sie eine kleine Pressemappe mit (auch Hintergrund-) Informationen bereithalten, die ihm die Arbeit erleichtert.
f) Ausstellungsdauer:
Sie sollten bei der Planung bedenken dass, wenn die Ausstellung z.B. an einem Freitag eröffnet wird, die Presseberichterstattung in der Regel frühesten am Donnerstag, Freitag oder Samstag danach erscheinen wird; falls Sie es ins Feuilleton schaffen eher noch später. Interessenten, die dadurch auf Sie aufmerksam werden, kommen normalerweise erst am darauf folgenden Wochenende, was bedeutet, dass Ihre Ausstellung mindestens drei, besser vier Wochen oder länger dauern sollte (je länger desto besser).
g) Halten Sie sich in angenehmer Erinnerung:
Legen Sie z.B. ein Geschenk aus (nicht nur bei der Eröffnung), darüber freut sich jeder Besucher und erinnert sich dann gerne an Sie und Ihre Ausstellung. Bei einer Fotoausstellung ist das leichter als bei einer Gemäldeausstellung: Sie können z.B. von einem ausgestellten Exponat kleine Abzüge (9/13) anfertigen lassen und diese mit einem wischfesten und lichtechten Stift signieren und nummerieren. Solche Dinge werden gerne gesammelt, vielleicht rahmt der eine oder andere es sogar und hängt es an die Wand (was dann ja auch Werbung für Sie und Ihre Fotokunst wäre).
h) Beschriftungen:
Exponate sollten jeweils mit einem Schild versehen sein: Zumindest der Name des Künstlers, der Titel der Arbeit, dazu Format und Technik. Falls Sie verkaufen wollen sollte auch der Preis angegeben werden, ggf. ob mit oder ohne Rahmen (der kann Sie ja, je nach Art und Größe, auch schnell mal 100-200 € kosten).
Gut ist es auch, wenn eine Liste mit Bildnummern und den restlichen Angaben in ausreichender Anzahl ausliegt, mancher Besucher macht sich gerne Notizen. Schön sind auch Ausstellungsverzeichnisse, auf denen die Bilder im Briefmarkenformat mit abgebildet sind.
7) Weitere Informationen
Dass die Auflistung nicht komplett sein kann, habe ich oben bereits geschrieben. Fragen zum Thema beantworte ich gerne soweit es mir möglich ist.
Ihnen, Frau Hübsch und Herr Trampedach, wünsche ich noch viel Erfolg und viele Besucher für Ihre Ausstellung.
Liebe Grüße nach Siegen
Hallo Herr Trampedach,
soeben habe ich beim Stöbern auf dieser Seite gesehen, dass Sie und Herr Labestin die von mir angeführten Erläuterungen größtenteils schon vor rund einem Jahr abgehandelt haben. Diese Texte habe ich beim Verfassen meines Kommentars nicht gekannt, sondern nur Ihren obigen Text vom 13.5.25, den ich mit ein paar praktischen Hinweisen ergänzen wollte. Insofern habe ich also doppelt gemoppelt.
Liebe Grüße und weiterhin viel Erfolg mit Ihrer Ausstellung.