FotografInnen vorgestellt Featured FotoWissen

Andreas Gursky in der Küppersmühle in Duisburg

Andreas Gursky zeigt Fotografien aus vier Jahrzehnten im MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst, Duisburg. *fotowissen war im Museum und hat sich die Ausstellung für Sie angesehen. Es stellen sich viele Fragen wie:

Ist Andreas Gursky ein Künstler oder ein Handwerker?

Andreas Gursky Ausstellung Duisburg

Sicherlich hätte ich gerne eine kleine Anleitung für die Ausstellung bekommen, denn das pure Ansehen der Werke von Andreas Gursky in der Küppersmühle in Duisburg am Medienhafen, brachte wenig Licht in die Intentionen des Fotografen. Und damit stellten sich für mich und meine Begleiter viele Fragen, die unbeantwortet blieben.

Biografie Andreas Gursky

Andreas Gursky wurde 1955 in Leipzig als Sohn des Werbefotografen Willy Gursky (1921–2016) und Enkel des Fotografen Hans Gursky (1890–1969) geboren. Ab 1956 wuchs er in Düsseldorf auf, wo es ihn, nach dreijährigem Studium an der Folkwang Universität in Essen bei Michael Schmidt, wieder hin verschlug. 1980 trat er das Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Bernd Becher und Kasper König an. Bei Bernd Becher schloß er 1985 als Meisterschüler sein Studium ab. Von 2010 bis 2018 hatte er eine Professur für Freie Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf inne. Der Künstler lebt und arbeitet in Düsseldorf. Zu seinen Einzelausstellungen zählen seine jüngste Retrospektive im MdbK Leipzig (2021), die in Teilen Grundlage für die Ausstellung im MKM war. Sowie zahlreiche weltweite Präsentationen in der Hayward Gallery, London (2018), dem National Museum of Art, Osaka (2014), dem National Art Center, Tokio (2013), der Stiftung Museum Kunstpalast, Düsseldorf (2013) und dem Louisiana Museum of Modern Art, Kopenhagen (2012). Eine vom Museum of Modern Art, New York, organisierte Einzelausstellung (2001) wanderte zum Centro de Arte Reina Sofia, Madrid, Centre Georges Pompidou, Paris, MCA, Chicago und SFMOMA, San Francisco. Seine erste Retrospektive – „Retrospektive 1984-2007“ – wurde im Haus der Kunst, München gezeigt und tourte zur Istanbul Modern und dem Sharjah Art Museum (2007), dann zur Ekaterina Foundation, Moskau und der National Gallery of Victoria, Melbourne (2008). Andreas Gursky: Werke 1980-2008 im Museum Haus Esters Haus Lange, Krefeld (2008) tourte anschließend zum Moderna Museet, Stockholm und zur Vancouver Art Gallery (2009).

Zur Ausstellung

Titel und Laufzeit

ANDREAS GURSKY
09. September 2021 – 30. Januar 2022

Katalog

Aus Anlass der Ausstellung im MdbK in Leipzig ist das Künstlerbuch „–2020. Andreas Gursky“ erschienen, welches nun auch im Rahmen der Ausstellung in Duisburg zum Verkauf steht [188 Seiten, 57 Bildtafeln, Hardcover mit Leineneinband, 30 x 26,3 cm, ISBN 978-3-00-066711-4, eine Publikation von Andreas Gursky, 1. Edition 03/2021.] – 89 EUR –

Veranstaltungsort

MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst
Philosophenweg 55, D- 47051 Duisburg
T +49 (0)203 301948 -11, Fax -21 | E office@museum-kueppersmuehle.de www.museum-kueppersmuehle.de | @museumkueppersmuehle

Öffnungszeiten

Mi 14-18 Uhr, Do-So 11-18 Uhr, Feiertage 11-18 Uhr

Eintrittspreise

Ausstellungen: 6 €, ermäßigt 3 € | Gesamtes Haus: 12 €, ermäßigt: 6 € | Kinder bis 16 Jahre: frei | Familien (2 Erwachsene + Kinder): 18 € ganzes Haus (10 € Ausstellungen) | Kindergruppen (Schule, Kita, Kinderfreizeit): 2 € pro Kind und Betreuer| Jeden Donnerstag freier Eintritt für Duisburger Bürgerinnen und Bürger (gegen Vorlage des Personalausweises)
Das MKM ist Partner der Ruhrkultur.Card. | Weitere Informationen: www.museum-kueppersmuehle.de

Begleitprogramm / Führungen

Begleitprogramm, aktuelle Veranstaltungen: www.museum-kueppersmuehle.de

MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst Duisburg Erweiterungsbau 2021 Ansicht Innenhafen © MKM Duisburg © Foto: Simon Menges
MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst Duisburg Erweiterungsbau 2021 Ansicht Innenhafen © MKM Duisburg © Foto: Simon Menges

Beim Eintreten in die großzügigen Museumsräume der Küppersmühle fällt unser Blick auf die kleinen Exponate von A. Gursky. Die Bilder tragen Titel wie

  • Ruhrtal (1989)
  • Mühlheim a.d. Ruhr, Sonntagsspaziergänger (1985)
  • Krefeld, Hühner (1989)
  • Duisburg, Brücke (1989)

Leider sprechen mich persönlich diese Bilder nicht an. Sie scheinen leblos, sogar tot zu sein. Es fehlt ein Blickpunkt, eine Aussage. Erklärungen zu den Exponaten findet der Zuschauer hier genauso wenig, wie bei den großen Fotografien der Ausstellung. Lediglich die kleineren Bilder der “Pförtner” vermögen eine deutsche Gründlichkeit der Portraitierten und des Fotografen zu vermitteln. Fast schon ein wenig humorig kommen mir die ernsten Blicke der Pförtner in gediegener Umgebung vor. Es war vielleicht ein frühes Thema von Gursky?

Andreas Gursky Pförtner, Salzgitter, Düsseldorf, 1982 43,2 x 52,0 cm © Andreas Gursky VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Courtesy: Sprüth Magers
Andreas Gursky
Pförtner, Salzgitter, Düsseldorf, 1982
43,2 x 52,0 cm
© Andreas Gursky
VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Courtesy: Sprüth Magers

Als wir merken, dass Erläuterungen zu den Exponaten fehlen, werfe ich einen Blick in das ausliegende Künstlerbuch (€ 89,-), in dem wiederum ebenfalls ausschließlich die ausgestellten Werke mit Titeln, aber ohne Bemerkungen zu finden sind. Ich lerne, dass es an Sonntagen um 15 Uhr Führungen gibt, die ich vielleicht besser wahrgenommen hätte.

Andreas Gursky Ausstellung Küppersmühle Duisburg - 211002-5002
Andreas Gurskys kleineren Werke am Eingang der Küppersmühle.

Die großen Rahmen hängen nur wenige Schritte von den kleinen entfernt. Ich bin immer wieder begeistert von großen Fotografien, denn sie zeigen Details, Tiefe und eine Plastizität, die Fotografien in kleineren Rahmen nicht vermitteln können. In der Tat sind diese überlebensgroßen Glasrahmen eine Wucht. Ich muss einige Meter Abstand halten, um die Bilder Gurskys zu erfassen und kann tatsächlich bis auf eine Distanz von einem Meter an die Bilder herantreten, ohne einen Detailverlust zu erkennen. Das bloße Handwerk dieser Abzüge, Glasrahmen, Hängung vermittelt eine Ehrfurcht vor der technischen Leistung des Fotografen. Wie ist es möglich, dass so große Abzüge an einem Stück entwickelt werden? Wie halten die Glasrahmen das enorme Gewicht, ohne Bruch? Mit welcher Kamera sind die detaillierten Fotos erstellt?

Andreas Gursky Ausstellung Küppersmühle Duisburg - 211002-5007
Andreas Gursky Kreuzfahrtschiff im Dock.

Weitere Fragen ergeben sich inhaltlich. Ich glaube erst nicht an Collagen oder Retuschen von A. Gursky. Meine Neugier führt mich zur Suchmaschine und der Antwort, dass Retusche und Collage tatsächlich Bestandteile der Arbeit sind. Das ist eine kleine Enttäuschung (kommt von Täuschung und falscher Erwartungshaltung) für mich, denn ich glaube bei Fotos immer noch an die Wiedergabe von Realitäten. Aber spätestens beim Bild der vier deutschen Politiker (Titel: Rückblick, 2015) verstärken sich die Zweifel an “echten” Zeitzeugnissen.

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  • Gursky, Andreas (Autor)

Meine Vermutung zur Technik der Aufnahme und Weiterverarbeitung lautet, dass Gursky mit einer Fachkamera arbeitet, da er genau auf die Linien achtet und ein exzellentes Ausrichten gelernt hat. Eventuell scannt er seine entwickelten Großformatfilme auf einem Trommelscanner in höchster Auflösung und fügt sie in Photoshop zusammen. Meine Ehrfurcht wächst mit dem Wissen um die riesigen Dateien, die genaue Farbkorrektur und Belichtungskorrektur mehrerer Aufnahmen in einer Collage, das exakte Zusammenfügen und die enorme zeitliche Anstrengung, die sich dahinter verbergen muss. Aus der Pressemappe entnehme ich später, dass A. G. mindestens zwei Drucktechniken für die enormen Abzüge nutzt: Inkjet-Print, Diasec und C-Print, Diasec.

Rückblick, 2015

Andreas Gursky Rückblick, 2015 242 x 477 x 6,7 cm Inkjet-Print, Diasec © Andreas Gursky VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Courtesy: Sprüth Magers
Andreas Gursky Rückblick, 2015 242 x 477 x 6,7 cm Inkjet-Print, Diasec © Andreas Gursky VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Courtesy: Sprüth Magers

Endlich eine gute Collage mit vier deutschen Bundeskanzlern. Humorig fotografiert, sehen wir Kopf und Schultern der Protagonisten vor einem ähnlich langweiligen Bild, wie auch Gursky sie produzieren kann. Eine Selbstkritik?

Hamm, Bergwerk Ost, 2008

Andreas Gursky Hamm, Bergwerk Ost, 2008 307 x 223,6 x 6,2 cm C-Print, Diasec © Andreas Gursky VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Courtesy: Sprüth Magers
Andreas Gursky
Hamm, Bergwerk Ost, 2008
307 x 223,6 x 6,2 cm
C-Print, Diasec
© Andreas Gursky
VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Courtesy: Sprüth Magers

Eines der beeindruckenden Fotos von A. Gursky in Duisburg. Wenn wir auf das über drei Meter hohe und zwei Meter breite Foto des Bergwerks blicken, werden wir überrascht von der Fülle der Details. Unten im Bild bilden die Bergleute die wichtige Beziehung zu den persönlichen Dingen in der Weißkaue.

Ist Gursky ein Künstler?

Während des Ausstellungsbesuchs und in den Tagen danach stelle ich mir wiederholt die Frage: Ist Gursky ein Künstler? Habe ich Kunst gesehen? Ich zweifle, denn die Arbeiten zeigen für mich mehr präzises Handwerk in Sachen Fachkamera, Linien, Bildwirkung. Aber ich denke heute, ich habe die Frage falsch gestellt, die hätte lauten sollen:

Sind Gurskys Werke für mich Kunst?

Ich persönlich habe eine Antwort auf die letzte Frage gefunden und ordne den Fotografen in die Rubrik des Handwerks ein. Aber bitte: Ich denke auf die Frage kann jeder *fotowissen Leser selbst beantworten. Ich rate Ihnen dazu, die großen Exponate zu besuchen. Am sinnvollsten ist Ihr Besuch im Rahmen einer Führung, um die Werke besser zu verstehen.

© Peter Roskothen, Fotojournalist – Andreas Gursky in der Küppersmühle in Duisburg

Tipp für Fotokunst:

Andreas Gursky in der Küppersmühle in Duisburg - *fotowissen
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Peter Roskothen

Peter Roskothen
Ich bin Profi-Fotograf, Fototrainer ganz besonderer individueller Fotokurse und Fachjournalist für Fotografie. Ich schreibe auf *fotowissen für Sie als Fotograf*in. Die Fotografie ist meine Passion. Ich liebe alle Fotogenre und fotografiere genauso begeistert, wie ich Fotokurse gebe.

Jeder kann fotografieren und mit *fotowissen möchten alle Autoren zu Ihren besseren Fotos beitragen. Dabei beschäftigen wir uns nicht mit Pixelzählen, sondern mit Technik für Menschen und den Bildern im Speziellen (Fotoblog). Im Fotoblog helfen wir Fotos zu analysieren und konstruktiv nach vorne zu bringen. Übrigens stellen dort viele meiner Fotokursteilnehmer ihre Bilder aus.

Meine ganz eigene Homepage mit Fotografien, Fotokursen und Webdesign finden Sie unter P. Roskothen Fotokunst & Design.

10 Kommentare

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  • Sehr geehrter Herr Roskothen,
    ich glaube das Sie einen – , aber entscheidenen Fehler in Ihren Überlegungen haben. Dieser Überlegungsfehler findet sich bei beinahe allen Beiträgen auf dieser, bzw. vergleichbaren Seiten der “Technikfotografie. Grundsätzlich bin ich über die Häufigkeit dieser Fehlüberlegung heute, im 21. Jahrhundert mit all unserem – möglichen- Wissen erstaunt. Denn – Fotografie war nie die Wiedergabe von Realität. Realität bedarf immer den Kontext der Eingebundenheit. Der Ausschnitt, der subjektive Standpunkt konkret und per Gedanke, im extremen die Realitätstheorie beweisen dies genau. Ich vermute, das Ihnen ein beeindruckendes, detailiertes Foto in Auflösung und Größe hier zu Ihren Überlegungen verleitet. Der Fotojournalismus kommt, wenn er präzise umgesetzt wird Ihren Überlegungen recht nahe. Jedoch wird kein ernsthafter Fotojournalist Heute noch von der Wiedergabe von Realität sprechen. Maximal einer Annäherung von Gegebenheiten im Zeitfluss.

    • Sehr geehrte Frau Ramscheid,

      Sie haben Recht, eine Fotografie zeigt eine Sichtweise. Für mich heißt das aber nicht, dass eine Collage oder eine Manipulation nicht bekannt gegeben werden könnte.

      Herzlich,
      Peter R.

      • Sehr geehrter Herr Roskothen,
        auch Sie haben Recht. Diesen wichtigen Umstand habe ich bei dem oben genannten Hinweis vergessen anzugeben.
        Es gibt ein berühmtes Foto das auch Sie kennen. Robert Capa´ s Foto aus dem spanischen Bürgerkrieg. Es ist Sinnbildlich für diese Fragen. Lange Zeit vermutete man eine Fälschung, besser – eine falsche Darstellung der Aufnahme. Heute ist der Fälschungsverdacht durch aufwendige Analysen bestätigt. Dennoch, dieses Foto ist eine jounalistische Ikone. Kam ein Foto hat den Krieg so sehr in den Mittelpunkt der Diskusion geführt. Dennoch bleibt es dabei, insb. Journalismus muss unverfälscht seine subjektive Sichtweise darstellen. So wie Sie bei den “Bildern der Woche” auf rein kosmetische Änderungen bestehen. Vielleicht wäre eine zweite Rublik mit “bearbeiteten” Fotos mal eine Überlegung wert.
        zu Gursky
        ich habe schon öfter seine Arbeiten in Gallerien, Ausstellungen gesichtet. Und habe ein komplementäres Verhältnis zu seinen Arbeiten. Es sind keine “schöngeistig vernebelten” Fotografien. Seine Fotos liegen in einem gewissen Grad “quer im Magen”. Regen also zu Überlegungen an. Jedoch die schiere Größe und Art der Präsentation ist mir oft “zu laut”. Der unbedarfte Betrachter wird so in Akzente gesetzt, die auch Sie beschreiben. Es wird in unzähligen Beiträgen zur Fotografie immer wieder über Auflösung, Schärfe, Lichtstärke usw. diskutiert. Oft habe ich den Eindruck, das die alten Fotos z.B. Adam Amsel, Cartier, Brassai; in diesem Sinne – keinerlei Bedeutung mehr haben (sollten). Dabei sollte insb. den angehenden Fotografen die inhaltliche Gewichtung einer Fotografie aufgezeigt werden. Auf den Punkt gebracht, um ein inhaltliches stabiles Foto zu machen brauche ich weder eine Leica, Hasselblad o.ä. zwingend. Ich brauche ein Werkzeug das funktioniert und mit dem ich umgehen kann. Die alte Hasselblad Aussage – ..in der Hand der Besten.. hat so nie gestimmt. Aber um bei Gursky zu bleiben – es gibt Aufnahmen, Aufnahmeideen, die eben solche Werkzeuge (Großformat/Mittelformt) brauchen. Nur wenn wir die Fotografie nutzen, um die Welt uns und Anderen verständlicher zu machen, muss der innere Focus stimmen.

      • Lieber Herr Roskothen,

        in eine Ausstellung von Andreas Gursky zu gehen und sich über manipulierte Fotografien zu wundern, erscheint mir, wie soll ich sagen, als würde man sich wundern, daß bei einem Fußballspiel jeder Spieler das Runde irgendwie in das Eckige kriegen will und andere ihnen dabei zuschauen.
        Herr Gursky IST der Meister der Manipulation von Fotos! Man muß das nicht gut finden, aber sich vielleicht ein wenig mehr Mühe geben, sich auf sein Spiel mit der Realität einzulassen, wenn man schon mal in der Ausstellung ist!
        Die Frage, ob diese Bilder nun Kunst sind oder “nur” Handwerk, ist gelinde gesagt, etwas irritierend für mich. Jedes Kunstwerk erfordert Handwerk, Präzision und technisches Können. Das wußte schon Michelangelo und selbst die steinzeitlichen Höhlenmaler haben Material und Umgebung kongenial genutzt, um eine Wirkung, eine Aussage zu erzeugen und nicht einfach nur drauflos gemalt.
        Ich beschäftige mich nun schon seit etwa 50 Jahren mit der Fotografie und ihrem Thema “Abbilden von Wirklichkeit” und kann bis heute nicht sagen, was Fotografie wirklich ist. Das aber macht für mich die Faszination der Fotografie aus. Ich kann mich aber meiner Vorrednerin anschließen, daß die Fotografie, genau wie die Kunst, IMMER eine Interpretation von Wirklichkeit ist!
        Das passiert mal banal, mal gekonnt, mal verkrampft, mal zweifelhaft und auch mal irgendwie verwirrend bis verstörend, wie zB bei Herrn Gursky.
        Wenn man dann seine Bilder “langweilig” findet, ist das durchaus legitim. Der nächste Schritt könnte aber sein, diese eigene Empfindung zu hinterfragen, warum man sie langweilig findet. Von mir aus auch, wie man es selber anders, besser gemacht hätte, um eine Aussage zu erzeugen. Schon wäre man drin in einer persönlichen Auseinandersetzung mit Fotografie, Kunst und eben der unendlich komplexen Realität, die uns umgibt.
        Das ist es, zumindest aus meiner Sicht, was ein Fotografie-Künstler, wie Herrn Gursky letztlich im Blick hat. Das sollte eigentlich jeder Fotograf im Sinn haben und die Technik lediglich als Mittel zum Zweck begreifen, denn sonst wäre er in der Tat nur ein Handwerker, ohne letzteren abwerten zu wollen.

        Mit besten Grüßen und Wünschen, den Geheimnissen der Fotografie als darstellendes Mittel auf die Spur zu kommen.

        Bernd-Axel Kluge

        P.S.: Schade, daß ich etwa 600 Km von Duisburg entfernt lebe, sonst hätten wir das Thema vor den Werken selbst weiter diskutieren können.

  • Hallo zusammen!
    Ich möchte kurz anmerken, dass der Besuch der Küppersmühle an sich schon überaus lohnenswert ist. Der Erweiterungsbau resp. Umbau ist seit wenigen Wochen für Besucher zugänglich und beeindruckt durch seine Architektur und die Präsentation der Sammlung in den Räumen. Die Symbiose aus Architektur und Kunst hat mich nachhaltig beeindruckt. Herzliche Grüße zum Sonntag,
    Maike

  • Ich weiß nicht, ob die Kommentarfunktion die richtige Plattform ist, sich mit dem vielfältigen Thema Handwerks-Kunst auseinandersetzen zu können.

    Natürlich bedarf es erst einmal nicht einer teuren und technisch perfekten Ausrüstung, um künstlerisch anspruchsvolle Aufnahmen zu machen. Auf der anderen Seite erleichtert ein vernünftiges Werkzeug dem Künstler genauso wie dem gewerbetreibenden Fotografen die Arbeit. In diesem Sinne würde ich das Urteil von Frau Ruth Ramscheid so nicht teilen wollen. Auf der anderen Seite wäre anzumerken, dass vielleicht der ein oder andere Euro in einem Fotoseminar besser angelegt wäre, als in einem neuen Objektiv.

    Betrachten wir jetzt mal nur die nicht gewerblichen Fotografen, also jene die mehr auf Kunst, als auf Werbung, Reportage, Dokumentation … ausgerichtet sind, so möchte ich festhalten, dass Kunst nicht, wie so oft behauptet, von Können, sondern von Künden kommt.

    Wie sieht es in diesem Sachverhalt mit Herrn Gursky aus? Er ist erst einmal unzweifelhaft ein Könner. Er selbst spricht sogar davon, weder Werten noch Künden zu wollen. In seinen detailgetreuen, überdimensionierten Aufnahmen verliert sich das das Auge. Es hat findet keinen Halt und man fühlt sich in das Betrachten von Wimmelbildern aus Kindertagen zurückversetzt. Hier zwingt er den Betrachter zur Ruhe, einer Ruhe, die wir uns im Alltag nicht gönnen, um achtsam das Alltägliche aus seinen Fotografien wahrnehmen zu können. Jeder von uns könnte, auf einer Parkbank sitzend gleiches empfinden, wenn wir uns denn die Zeit, wie in der Vernissage nehmen würden. Wenn nun Personen, die in Zeitungen das Feuilleton schreiben, überrascht sind, dass bei seinen Bildern 5 stellige Beträge abgerufen werden, zeigt es lediglich, dass die Autoren keine Ahnung von den Herstellungskosten haben. Ein 3x5m großes Bild kostet nun einmal in der Herstellung. Würden seine Bilder aber auch in kleinem Format wirken? Würden wir uns einen günstigen A4 Reprint ins Zimmer hängen und staunend davor stehen? Ich denke nicht. Und so ist für mich persönlich Gursky ein Fotograf, der sein Handwerk beherrscht und von einer – in Vernissagen oft anzutreffenden – Klientel zum Künstler erhoben wird. Und während ich die Zeilen schreibe, sehe ich in meinem Regal die Wimmelbilder meiner Jugend stehen. Am Ende gehen sie in die Märchen über … ich muss schmunzeln. Das erste Märchen ist „Des Kaisers neue Kleider.“

    PS Ich bin am Do/Fr (14/15.10) dienstlich in Düsseldorf, leider schließt das Museum schon um 18:00.

    • ich glaube, wir sind in der Beurteilung des richtigen Werkzeuges gut beieinander. Nur – wie auch auf dieser Seite von Herren Roskothen wird die Fototechnik in Bezug eines zu erstellenden Fotos zu sehr in den Vordergrund gestellt. Ob eine Arbeit von Gursky in einem anderen als das gewählte Format seine Wirkung oder Aussage behält ist ohne Bedeutung. Gursky hat sich für ein Format und Ausführung entschieden; das zählt. Man würde auch “einen Picasso” keine andere Form zumuten. Auch die Inhaltliche Stabilität von Kunst/Kunstbegriff über “Können, Künden oder sonstiges zu suchen ist nicht hilfreich. Ein jeder, der das Objekt mit seinen Empfindungen als Kunst ansieht, urteilt – hat seine berechtigte Wertung. Unerträglich hingegen ist der Kunsthandel. Das die Großformate von Gursky ihren hohen Herstellungspreis hat steht nicht im Verhältnis der alsdann aufgerufenen Preise. Das ist eben Handel. Oder auch – legalisierter Betrug. Und ja. – die Klientel, die oft auf den Vernissagen anzutreffen sind – kein Kommentar. Hier und da gipfelt dies in Aussagen, das dieses oder jenes Foto nur mit der Kamera XY gemacht werden konnte. Dies liegt wie ein Fluch auf der Fotografie. Bei Ausstellungen der Malerei habe ich noch nie die Frage Nach Pinsel und Leinwand mitbekommen.

  • Lieber Peter,

    da hast Du ja ein Thema aufgemacht…
    allein über die Titelfrage, “Ist Gursky ein Künstler oder ein Handwerker”, trittst Du LEIDENschaften los. Als ich dann gar las, wie es Dir unvorbereitet beim Besuch der Ausstellung erging, machte sich ein Grinsen in meinem Gesicht breit; wäre mir ganz sicher auch so ergangen und es wäre ganz sicher nicht das erste Mal gewesen. So manche hier in Berlin besuchte Ausstellung spuckte mich mit Fragezeichen wieder aus. Wat will mich die/der sajen?

    Das eine oder andere Wort, die ein oder andere Erklärung hinsichtlich Zielsetzung etc. wäre nützlich, um zumindest nachvollziehen zu können, was mir wie und warum präsentiert wird. Ist es nicht bei den Bildkritiken ebenso? Meine Kritik, wenn sie hilfreich sein soll, benötigt Angaben über Absicht/Zielsetzung und ggf. Vorgehensweise. So ist wenigstens ein Titel unabdingbar. Verbliebe ich ansonsten nicht bei meinem subjektiven Eindruck und dem “Römischen Daumen” (hoch oder runter), der über meine grundsätzliche Wahrnehmungsausrichtung hinaus von meiner akuten Stimmung zusätzlich abhängig ist? In meinen Regalen stehen nicht wenige Schallplatten mit Musik unterschiedlichster Genres, die ich sämtlich liebe. Dennoch kann ich nicht alles zu jedem Zeitpunkt ertragen.

    Entgegen der durchaus nicht von der Hand zu weisenden Richtigkeit der Feststellung, dass Bilder mehr als Tausend Worte sagen, wo ich nur zu gern noch ein “können” anhängen würde, ist die Bildsprache eben nicht so eindeutig. Selbst Worte/Texte können mistverstanden werden. Kurz um, solche Ausstellungen befremden mich immer wieder und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass auf diesem Wege eine auserwählte Klientel eher eine Art der Selbstbeweihräucherung zelebriert, statt offen kommunizieren zu wollen. Aber vielleicht irre ich ja auch, was den Sinn von Ausstellungen anbelangt.

    Was nun die Frage anlangt, Künstler oder Handwerker, so lässt sich diese zuweilen schwer beantworten, denn so manches Gewerk zeigt über seine Beschaffenheit ein wahrlich profundes Können, dass man geneigt ist unwillkürlich von einem Kunstwerk zu sprechen, das es dann auch ist und wie es etwas anderes aber auch gar nicht sein will.

    Ich selbst begreife mich als Photoartist und definiere Kunst als Ausdruck meiner Wahrnehmung und Emotionen aber auch Vorstellungen und Visionen. So gesehen ist für mich der Bildausdruck wesentlich wichtiger als die genutzte Technik über die ich mich ausdrücke. Gewiss, ein gerüttelt Maß an technischem Verständnis ist notwendig, aber für mich persönlich nicht das Maß der Dinge. Für mich ist mir meine gefühlte Heimat bei den Surrealisten, wie Dali, Hundertwasser, Ray, Bunuel etc. wesentlich bedeutsamer. Aber auch ein Bosch oder Escher haben mich maßgeblich beeinflusst. Die Liste ist länger, tut hier jedoch nichts zur Sache. Wer sich jetzt fragt, dass ich mehr Maler als Fotografen benenne, dem sei der Begriff Fotografie noch einmal kurz vor Augen gehalten – es ist das Malen/Zeichnen mit Licht.

    So komme ich dann abschließend auf die implizite Frage, ist Bearbeitung in der Fotografie erlaubt und wenn ja wieviel? Da es mir wie bereits erläutert eher um den Bildausdruck geht und weniger um die Technik, kann es nur eine logische Antwort geben – JA, absolut und das in jeder erdenklichen Form. Es ist m. E. müßig darüber zu fachsimpeln ob Fotografie lediglich die Belichtung lichtsensitiver Materialien beinhalten dürfe, denn allein die Wahl dieser Materialien beeinflusst das wiederzugebende Bild. Und ob ich etwas die Bildaussage störendes heraus stemple oder hinzufüge, stellt für mich die Basis – die Fotografie – nicht in Frage.

    Sogar bei den Composings eines Pavel Kapluns, denen ich sehr viel abgewinnen kann, stellt sich mir nicht die Frage, ob seine Werke noch Fotografien sind oder nicht, sondern ob mich seine Bilder basierend auf Fotografien ansprechen, mir etwas sagen und oder etwas auslösen. Jedenfalls finde ich sie im Großen und Ganzen sehr ansprechend und gekonnt gemacht. Es ist nicht mein Weg, aber deshalb sind sie dennoch Kunstwerke, die sogar handwerklich sehr überzeugen.

    Doch bei all diesen Überlegungen und Sichtweisen bleibt natürlich das technische Verständnis und Beherrschen derselben für die Fotografie als Basis unabdingbar.
    Ich wünsche allen stets Gut Licht
    Mark

  • Lieber Peter,

    mit diesem Beitrag sprichst du ein Thema an, mit dessen korrekter Definition ich mich immer schon schwer getan habe. Kunst; Künstler. Das beginnt schon mit der Reihenfolge. Legt der Künstler zu Beginn fest, Künstler zu sein, und belegt fortan seine Werke mit dem Prädikat Kunst? Wenn ja, habe ich bislang nie eine schlüssige Begründung und Legitimation gefunden, nach der das zu vollziehen ginge. Ich glaube viel eher, Menschen, die etwas (er-) schaffen, verstehen in erster Linie ihr Handwerk. Das macht sie also diskussionslos zum Handwerker. Die Kunst, die das Ergebnis durchaus sein kann, kommt wohl eher zustande durch die Betrachter, Beurteilungen, und den Stellenwert, den es gesellschaftlich oder kulturell erreichen mag. Um es mal deutlicher zu sagen: Eine Fliese an die Wand zu kleben, ist sicherlich eine Kunst für sich, aber es ist in den allerseltensten Fällen “Kunst”.

    Wie aber geht man nun in eine solche Ausstellung? Der ruhmvolle Name des Künstlers läßt ja kaum zu, irgendeinen künstlerischen Anspruch in Frage zu stellen. Von daher mag es reichen, sich die Exponate anzuschauen, das im Kenntnis zu bringen, was zur Verfügung steht, und dann zu ermitteln, ob es für einen selbst ansprechend ist, oder eben nicht.

    Herzlich,

    Dirk Trampedach

  • Lieber Herr Roskothen,

    die alte Frage: Inwieweit sind Veränderungen am Foto erlaubt? Wenn Sie die heutigen Bildbearbeitungprogramme nehmen, ist sie eigentlich schon beantwortet. Sie werben ja geradezu mit den Möglichkeiten, Bilder zu modifizieren. Wer weiß, wie sich dieser Trend in Zukunft entwickeln wird? Mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz befinden wir uns ja noch relativ am Anfang. Mein Gefühl sagt mir, dass es grob so laufen wird: “Machen Sie Ihr Bild, die KI wird alle Fehler ausbügeln und Ihnen ein perfektes Produkt liefern.” Ob das Ergebnis dann noch mit der ursprünglich abgebildeten Realität übereinstimmt? Egal, Hauptsache, die Aufnahme sieht gut aus.

    Vermutlich arbeitet auch Gursky bereits mit künstlicher Intelligenz, ich weiß es nicht. Er ist jedenfalls kein Reportagefotograf wie Selgado, der von globalen Brennpunkten berichtet. Wie das Museum “The Broad” in Los Angeles (www.thebroad.org) in einer Erläuterung zum Bild “99 Cent” schreibt, basiert das Foto auf der Realität. Diese aber werde von Gursky so verändert, dass eine “Hyperrealität” entstehe. In diesem Sinne würden Gurskys Fotos zu Symbolen unseres zeitgenössischen Lebens.

    Ob alle Betrachter der Gurskyschen Aufnahmen diese Auffassung teilen, sei dahingestellt. Ich selbst kann die Ideen des Künstlers bei Aufnahmen wie z.B. “99 Cent”, “Amazon” oder den Massenspielen von Pyongyang nachvollziehen. Bei den Aufnahmen von Ratingen, dem Niederrhein oder von Tokyo habe ich Schwierigkeiten. Dass Gursky sein Handwerk perfekt beherrscht, steht indes außer Frage.

Journalist, Fotograf, Fototrainer Peter Roskothen

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